Salzburg – Seit Jahren debattiert der Salzburger Landtag über ein neues Behindertengesetz, am Mittwoch gab es nun den einstimmigen Beschluss. Im Endeffekt ist aber kein neues Gesetz für Menschen mit Behinderung herausgekommen, sondern nur eine Novelle des Gesetzes aus dem Jahr 1981.

Zahlreiche Anregungen, Vorschläge und Einwände kamen im Vorfeld von Trägerorganisationen, Bewohnervertretung und Behindertenorganisationen. Es gebe keine tatsächlichen Verbesserungen für die betroffenen Menschen, der Schwerpunkt der Änderungen liege in der Terminologie. Die Chance einer zeitgemäßen gesetzlichen Grundlage auf Basis der UN-Behindertenrechtskonvention sei vertan worden, so der Grundtenor der Stellungnahmen.

Doch diese blieben ungehört. Der Gesetzesentwurf wurde ohne große inhaltliche Änderungen abgesegnet. Soziallandesrat Heinrich Schellhorn (Grüne) argumentierte, ein komplett neues Inklusionsgesetz sei nicht durchsetzbar, da Gemeinde- und Städtebund keine zusätzlichen Kosten tragen wollen. Die Kosten für die Inklusion von Menschen mit Behinderung sind je zur Hälfte vom Land und den Gemeinden zu tragen.

SPÖ will Behindertenfonds vom Bund

Um dieser ständigen Pattstellung zwischen Kommunen und Land zu entgehen, hat die Salzburger SPÖ nun beantragt, die finanziellen Zuständigkeiten neu zu regeln. Städte und Gemeinden sollten etwa die Kinder- und Seniorenbetreuung übernehmen. Im Gegenzug soll das Land ausschließlich für die Finanzierung von Maßnahmen für Menschen mit Behinderung zuständig sein. Danach könne ein komplett neues Chancengleichheitsgesetz erarbeitet werden.

Gleichzeitig solle das Land bei den Finanzausgleichsverhandlungen mit dem Bund anregen, einen Behindertenfonds – ähnlich dem Pflegefonds – einzurichten. Der Fonds solle die Länder finanziell bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention unterstützen.

Unterbringung im Konradinum weiter vor Gericht

Die Causa des Behindertenheims Konradinum in Eugendorf zeigt, dass die Unterbringung nicht überall der UN-Konvention entspricht. Bewohnervertreter und die Volksanwaltschaft weisen seit Monaten auf Missstände in dem Heim hin. Trotz mehrerer Gespräche mit zuständigen Politikern habe es keine essenziellen Veränderungen in der Einrichtung gegeben, berichtet die Bewohnervertretung, weshalb erneut gerichtliche Verfahren eingeleitet wurden.

In einem Fall hat das Gericht die medikamentöse Freiheitsbeschränkung für zulässig erklärt, sofern binnen acht Wochen ein heilpädagogisches Konzept erstellt werde. "Diese Frist wurde nicht eingehalten", sagt Erich Wahl von der Bewohnervertretung Vertretungsnetz.

Stöckl rügt Kritiker

In zwei weiteren Fällen hat das Gericht dem Rekurs des Landes stattgegeben und die Medikation für zulässig erklärt. Darin sieht sich Spitalsreferent Christian Stöckl (ÖVP) bestätigt. Die Forderungen der Volksanwaltschaft und der Bewohnervertretung seien überzogen, die Vorwürfe nicht haltbar, und sie sollten diese künftig unterlassen, betonte Stöckl in einer Aussendung. Trotzdem werde der Neubau des Konradinums rasch vorangetrieben.

Wahl weist darauf hin, dass die Urteile nicht rechtskräftig sind. Beide Fälle würden beim Obersten Gerichtshof liegen. Das ändere nichts an den Zuständen im Konradinum, die auch von Sachverständigen festgestellt worden seien. Das Land wolle sich seiner Verpflichtung entziehen. "Ob ein neues Betreuungskonzept unter diesen Umständen rasch und konstruktiv umgesetzt wird, darf abgewartet werden", sagt Wahl. Positiv bewerte die Bewohnervertretung, dass Mitarbeiter mittlerweile individuelle Betreuungskonzepte erarbeiten. (Stefanie Ruep, 6.7.2016)