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Eine Korruptionscausa belastet auch den slowakischen Premier Robert Fico.

Foto: Reuters / Vincent Kessler

Bratislava/Straßburg/Wien – Während Robert Fico als Regierungschef des neuen EU-Vorsitzlandes Slowakei eine Rede im Europäischen Parlament in Straßburg hielt, spielte sich im slowakischen Parlament in Bratislava eine Politposse über seinen Sturz ab: Die Opposition hatte für Mittwoch einen Misstrauensantrag gegen Fico eingebracht, der jedoch nicht zur Abstimmung gelangte. Viele Abgeordnete der Vier-Parteien-Koalition unter Führung von Ficos linkspopulistischer Partei Smer waren zwar physisch im Parlament anwesend, hatten sich aber nicht als anwesend gemeldet. Das nötige Quorum für eine Abstimmung wurde nicht erreicht, Parlamentspräsident Andrej Danko verschob die Sitzung auf Donnerstag.

Die konservative Opposition hatte den Misstrauensantrag gegen Fico just am 1. Juli eingebracht, dem Tag, an dem die Slowakei den halbjährigen Vorsitz im Europäischen Rat übernahm. Hintergrund ist eine Korruptionscausa rund um Innenminister Robert Kaliňák, die Nummer zwei in der Partei Smer. Kaliňák, so der Vorwurf, soll Geschäfte mit dem einflussreichen Unternehmer Ladislav Bašternák gemacht haben, der der Steuerhinterziehung verdächtigt wird. Konkret soll Kaliňák an einer von Bašternáks Firmen einen 17-Prozent-Anteil um einen viel zu niedrigen Preis erworben und im Gegenzug polizeiliche Ermittlungen gegen den Unternehmer behindert haben.

Die Herausforderung für Bratislava wächst

Kaliňák und die Regierungskoalition weisen sämtliche Vorwürfe zurück. Ein ebenfalls für Mittwoch eingebrachtes, bereits drittes Misstrauensvotum gegen Kaliňák wurde auf September verschoben.

Fico hatte sich stets geweigert, den Innenminister abzuberufen. Indirekt ist zudem auch er selbst in die Causa verwickelt: Er wohnt zur Miete in einem Apartment, das ebenfalls dem Unternehmer Bašternák gehört.

Die Affäre belastet das innenpolitische Klima schwer und wirft einen Schatten auf den slowakischen Ratsvorsitz, der wegen der EU-Austritts-Entscheidung der Briten ohnehin eine große Herausforderung für das Land darstellt.

Opposition ist "unpatriotisch"

Der Politikwissenschafter Milan Nič, Forschungsdirektor des Globsec Policy Institute in Bratislava, sieht zudem eine unheilvolle Wirkung auf die politische Gesprächskultur im Land: "Fico nutzt den Ratsvorsitz, um andere Themen beiseitezuschieben", sagt Nič dem STANDARD.

Weil die Slowakei nun im internationalen Scheinwerferlicht steht, seien Vertreter der Opposition, die Innenminister Kaliňák wegen der Korruptionsvorwürfe absetzen wollen, als "unpatriotisch" dargestellt worden. (Gerald Schubert, 6.7.2016)