Das Team des neuen Zentrums für Nachhaltigkeit – von links nach rechts: Christina Matzka (meinungsraum.at), Elisabeth Forstreiter (Forstreiter Consulting), Leiterin des Fachbereichs "Leadership & Human Resources" im ZFN, Michael Bauer-Leeb, (Geschäftsführer Weitsicht – Büro für zukunftsfähige Wirtschaft), Markus Bürger, Vorsitzender des Zentrums, Jürgen Gangoly (The Skills Group), Leiter des Fachbereichs "Strategy & Communications" im ZFN und Ruth Williams (Caritas), leitet im ZFN den Fachbereich "Civil Society & Cooperations"

Foto: Thomas Preiss

Es sei alles ganz schnell gegangen: "Wir haben gemerkt, dass offensichtlich Interesse und Bedarf an einem solchen Angebot besteht", sagt Markus Bürger, Vorsitzender des kürzlich gegründeten Zentrums für Nachhaltigkeit (ZFN). Das Zentrum will "Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft vernetzen mit dem Ziel, alle Aspekte von Nachhaltigkeit zu bearbeiten und das Thema breit in der Gesellschaft zu verankern" und sorgt damit durchaus für Aufregung in der Szene.

Denn: Nachhaltigkeit ist in Österreich kein unberührtes Themengebiet. Somit sorgte die Schnelligkeit auch in der Szene für Überraschung. Auf die Füße getreten fühlt sich einer der wichtigsten Akteure aber noch nicht: Vertreter der Unternehmensplattform für Corporate Social Responsibility (CSR) und Nachhaltige Entwicklung – Respact – wollen erst mal abwarten, wohin die Reise für das ZFN geht. Konkurrenz sei ja grundsätzlich nichts Schlechtes, hört man bei der Präsentation des Zentrums von beiden Seiten, aber dass es davor kaum Austausch oder Information über die Gründung gegeben habe, verwundere doch.

Neue EU-Richtlinie als Tempomacher

Wieso die Eile? Die neue EU-Richtlinie zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten habe vielen Unternehmern die Augen geöffnet, da will das Zentrum ansetzen. Tatsächlich wird es mit den verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichten und der Prüfung dieser einige neue Handlungsmöglichkeiten geben. Die Initiatoren betonen, dass ganzheitliche Perspektiven wesentlich seien: "Nachhaltigkeit ist nicht nur Ökologie."

Genau das war eines der Ergebnisse der ersten vom Zentrum in Auftrag gegebenen Studie: 1000 Bürgerinnen und Bürger wurden dafür zu Wissensstand und Erwartungen bezüglich Nachhaltigkeit befragt, 350 davon mit Führungsverantwortung in Unternehmen. Sie bot also keine Überraschung, sondern vielmehr eine Bestätigung der Erkenntnisse, die andere Player zum Thema Nachhaltigkeit bereits gesammelt haben.

Partnersuche beginnt

Auch im wissenschaftlichen Bereich wurde die Neugründung überrascht registriert. Nein, er sei im Vorfeld nicht kontaktiert worden, sagt Fred Luks, Leiter des Kompetenzzentrums für Nachhaltigkeit der Wirtschaftsuni Wien. Seit Jahren beschäftigt er sich in Forschung, Lehre und Management mit Nachhaltigkeitsthemen, kennt die Leute, die sich auf verschiedenen Ebenen für Nachhaltigkeit engagieren, gut. "Von den meisten der Initiatoren habe ich noch nichts gehört", sagt Luks. Das Ziel sei natürlich begrüßenswert, aber die Vorgehensweise merkwürdig. Gut gemeint sei leider nicht immer gut – Luks ist auf die weiteren Schritte des Zentrums gespannt, jedenfalls offen für Zusammenarbeit.

Das sieht man beim Zentrum genauso. "Wir begrüßen andere Initiativen und laden zur Kooperation ein", sagt Jürgen Gangoly, Vorstandsmitglied des ZFN und dort für Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Der Unterschied zu anderen sei, dass man wirklich ganzheitlich an das Thema herangehe und auch Human Resources, Sinnstiftung im Unternehmen und andere Themen einbeziehe, ergänzt Michael Bauer-Leeb bei der Präsentation des Zentrums. Der Unternehmensberater agiert im ZFN als Competence-Partner.

Vielseitige Zusammenarbeit

Finanzieren will sich der Verein durch Mitgliedsbeiträge und Förderungen. Gründungsmitglieder sind unter anderem Rewe, die Raiffeisen-Klimaschutz-Initiative, mehrere Kommunikations- und Beraterfirmen und die Caritas. "Es gibt im Bereich CSR und Nachhaltigkeit noch so viel zu tun, da sind wir über jede neue Initiative froh", sagt Ruth Williams. Bei der Caritas ist sie für Unternehmenskooperationen und CSR zuständig, im Zentrum leitet Williams den Fachbereich "Civil Society and Cooperations". Die Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Unternehmen werde immer wichtiger, dass Nachhaltigkeit eine strategische Rolle für Unternehmen spielt, rücke ins Bewusstsein. "Mit Luft nach oben", sagt Williams.

Für das ZFN starte nun die Suche nach Mitgliedern und Partnern. Auch die Industriellenvereinigung (IV) und Kammern wolle man kontaktieren. Zumindest bei der IV könnte das aber schwer werden, agiert die Interessenvertretung doch als Partner des Konkurrenten Respact. (lhag, 1.8.2016)