Männer wie ihn kann man nicht nur in Österreich mit der Lupe suchen: Es fehlt an Kindergartenpädagogen, Lehrern und anderen tauglichen männlichen Rollenvorbildern.

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Immer sind es Männer. Junge, psychisch labile Männer mit eher kläglichen Zukunftsaussichten. Die sich lange unauffällig verhalten und sich – zumeist – um Anpassung bemühen, die dann irgendwann auszucken, Jihadisten oder Rechtsextreme werden und Terroranschläge verüben oder Amok laufen. Natürlich ist das zugespitzt: Im Nahen Osten haben auch schon Frauen mit Sprengstoffgürteln Tod und Verwüstung angerichtet. Aber mehrheitlich ist (politisch konnotierte) Aggressivität und Gewalt ein männliches Phänomen.

Kollegin Lisa Mayr kritisierte vor kurzem, dass in all der Aufregung und all der Angst angesichts der jüngsten Gewalttaten in Europa eine Kritik jener autoritären Männlichkeit fehle, die sich selbst und anderen mit gröbster Härte begegne, "unmännliche" Triebe abwehre, auf andere projiziere und dann bekämpfe. Man muss gar nicht so weit gehen und gleich an das Allerschlimmste denken um zu behaupten: Das hierzulande vorherrschende Männerbild muss dringend renoviert werden.

Nur wenige "Frauenversteher"

Gerne wird ja an Stammtischen, auch virtuellen, über jene "Frauenversteher", "Halbe-halbe-Männer" und "Karenzgeher" gewitzelt, die sich angeblich völlig vom Feminismus unterjochen lassen und zur Psychohygiene dann in Selbsthilfegruppen kratzige Pullover stricken. Das ist nur nicht die Realität – war es wohl auch nie.

Merkbar ist vielmehr, dass männliche "Coolness" vielmehr mit einer sportlich daher kommenden Macho-Attitüde verbunden ist, die Frauen maximal als dekoratives Accessoire akzeptiert. Man höre sich nur einige Rap-Texte an, egal in welcher Sprache.

Oder man besuche ein Studio einer erfolgreichen – und nicht allzu teuren – Fitnesskette, wo österreichweit wohl täglich tausende junge Männer ihre Muskeln stählen. Dort läuft über die zahlreich angebrachten TV-Monitore in Endlosschleife der "Sport"-Kanal eines erfolgreichen Getränkeherstellers, und das bedeutet: lässige Männer beim Radfahren, Motorradfahren, Skate- oder Snowboarden, Wellenreiten, coole Jungs in schnellen Autos und bei "Fun"-Wettbewerben.

Weiblicher Applaus für Siegertypen

Frauen? Fehlanzeige, oder doch, vereinzelt: Als kurzberockte, tief dekolletierte Applausspenderinnen für die männlichen Siegertypen.

Das ist ein sehr einprägsames Bild, das junge Männer im Fitnessstudio von dem bekommen, was man hierzulande als "männlich", "cool", "lässig" ansieht – egal, ob sie hier geboren sind oder nicht. Es wird eine bestimmte Haltung gegenüber Geschlechtern vermittelt: Im Vordergrund der Mann, aktiv, präsent, dominant, Heldenhaft – im Hintergrund, bewundernd, aufschauend, zustimmend die Frau.

Dazu passt eine hübsche Serie über zwei Dschinnis im TV-Kinderkanal: "'Shimmer und Shine", zwei liebliche Geistermädels aus der Flasche, erfüllen ihrer Freundin, einem kleinen Mädchen, täglich drei Wünsche. Und was wünscht sich die Kleine? Zumeist eine stillschweigende, heimliche Unterstützung des Nachbarbuben, der bei seinen kindlichen Aktionen an maßloser Selbstüberschätzung leidet – ohne es freilich zu merken. Weil ja im Hintergrund immer Mädchen und Dschinnis ihn wohltätig und milde lächelnd unterstützen.

Wo ist da der große Unterschied zur patriarchal geprägten Kultur, aus der viele dieser jungen Männer kommen? Eben.

Grundsätzliche Abwertung

Nun kann man einwenden, dass immer noch ein himmelhoher Unterschied bestehe zwischen Fitnessstudio- und Kinderfernsehen-Sexismus auf der einen und gesteinigten Ehebrecherinnen auf der anderen Seite. Stimmt. Aber es gibt eine Gemeinsamkeit, und die weckt Besorgnis: die grundsätzliche Abwertung von Frauen.

Daran muss gearbeitet werden, besonders in den Bildungsministerien und Kindergartenreferaten in Europa: Immer noch ist es für Burschen total uncool, so genannte "Frauenberufe" auszuüben. Es fehlen männliche Lehrer, männliche Kindergartenpädagogen. Im gesamten Verlauf ihrer Bildungskarrieren haben Buben fast ausschließlich mit Frauen zu tun, es fehlen an allen Ecken und Enden männliche Identifikationsfiguren, die sie auch lehren könnten, auf ihre, männliche, Weise mit Konflikten umzugehen.

Hier gibt es ein ziemlich ernstzunehmendes Problem – und wenn wir uns dem nicht bald stellen, wird es unter Garantie nicht kleiner werden. (Petra Stuiber, 31.07.2016)