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Präsident Putin winkt Schaulustigen in Vrsic zu.

Foto: REUTERS/Srdjan Zivulovic

Brdo – Mitten in der Eiszeit zwischen dem Westen und Russland hat der russische Präsident Wladimir Putin am Samstag das EU- und NATO-Land Slowenien besucht. Er nahm an einer Feier zum Gedenken an russische Opfer im Ersten Weltkrieg bei der Russischen Kapelle am Vrsic-Pass teil.

Die vor 100 Jahren errichtete Holzkapelle erinnert an rund 300 russische Kriegsgefangene, die 1916 bei dem Bau der Alpenstraße von einer Lawine getötet worden waren. Österreich-Ungarn hatte im Ersten Weltkrieg Kriegsgefangene zum Bau der Straße über den Bergpass, die zur Verpflegung von Soldaten an der Isonzo-Front diente, eingesetzt.

Die Kapelle am Vrsic-Pass sei "ein Symbol der Freundschaft zwischen dem russischen und dem slowenischen Volk und ein Symbol unseres gemeinsamen Strebens nach Frieden und Wohlstand", sagte Putin bei der Zeremonie im Nordwesten des Landes, bei der sich die slowenische Staatsspitze, zahlreiche Politiker und Geschäftsleute sowie rund 2.500 Besucher versammelten. Putin wurde mit großem Applaus empfangen.

Der slowenische Präsident Borut Pahor sagte, die Frage von Krieg und Frieden sei "immer eine politische Entscheidung". "Wir widersetzen uns der These, ein Krieg könne unausweichlich sein." Der slowenische Präsident mahnte außerdem, dass Frieden angesichts der Gefahr des Terrorismus nicht selbstverständlich sei. Er plädierte dafür, im Kampf gegen den Terror die Kräfte zu vereinen, wofür man "die größten Hürden und gegenseitige Differenzen" überwinden müsse. Um das Ziel von "dauerhaftem Frieden und Sicherheit" erreichen zu können, wird man laut Pahor "das gegenseitige Misstrauen" aus dem Weg räumen müssen.

Bei dem Besuch wurde aber auch das angespannte Verhältnis Moskaus zum Westen thematisiert. Die Visite biete "eine Gelegenheit", um die Beziehungen Russlands mit der EU und der NATO zu besprechen, da Slowenien Mitglied beider Unionen sei, sagte Putin zu Journalisten, bevor er sich mit Pahor in Brdo bei Kranj zu einem Vieraugengespräch zusammensetzte.

In Zusammenhang mit den EU-Sanktionen gegen Russland hob Putin einen erheblichen Einbruch des Handels zwischen Russland und der EU hervor. Dieser habe sich fast halbiert. Mit dem Besuch in Slowenien biete sich laut dem russischen Präsidenten die Möglichkeit, über "neue Wege und neue Projekte" für die Stärkung der Wirtschaftskooperation zu sprechen.

Die EU hatte neuerlich die Wirtschaftssanktionen, die Mitte 2014 wegen des Ukraine-Konflikts verhängt wurden, bis Jänner 2017 verlängert.

Der slowenische Präsident betonte unterdessen, dass sich die Distanz zwischen Russland und Slowenien als EU- und NATO-Mitglied in den letzten Jahren vergrößert hat. "Mein Wunsch ist es, zu versuchen, die Differenzen auf eine friedliche Weise zu beseitigen. (...) Die freiheitsliebende Welt braucht die Zusammenarbeit von allen", so Pahor.

Obwohl die slowenische Seite versuchte, die politische Bedeutung des Besuches herunterzuspielen, gab es dennoch auch Zeit für politische Gespräche. Wie Putin betonte, habe er während der eineinhalbstündigen Fahrt seinen slowenischen Amtskollegen "ziemlich detailliert über diverse Probleme der globalen Sicherheit" informieren können. Den Weg von der Gedenkfeier am Vrsic-Pass zu der Zeremonie in Ljubljana und danach nach Brdo absolvierten die beiden Präsidenten zusammen in Putins Limousine, die von russischer Seite extra für den Besuch nach Slowenien eingeflogen wurde.

Eine weitere Gelegenheit für bilaterale Gespräche bietet sich bei dem Arbeitsessen im Schloss Brdo, mit dem Putins Besuch in Slowenien abgerundet wird. An dem Abendessen nimmt die gesamte slowenische Staatsspitze, darunter Premier Miro Cerar, teil. Der russische Präsident wurde von den Ministern für Kommunikation, Energie, Wirtschaft und Kultur begleitet.

Das Programm des eintätigen Kurzbesuchs geriet durcheinander, weil Putin erst mit einer Stunde Verspätung eingetroffen war. Wichtige Transitrouten in Slowenien wie der Karawankentunnel nach Österreich waren wegen des Besuchs stundenlang gesperrt. Laut Asfinag hielten sich die Staus dennoch in Grenzen und die Reisewelle verlief den ganzen Tag über weitgehend problemlos. Gegen 19.00 Uhr wurde die Sperre des Karawankentunnels wieder aufgehoben. (APA, 30.7.2016)