Bukarest – Mehr als 20 Jahre nach dem Foltertod eines Dissidenten in Rumänien soll der frühere Chef der gefürchteten Geheimpolizei Securitate angeklagt werden. Dem heute 84-jährigen Tudor Postelnicu und drei weiteren hochrangigen früheren Verantwortlichen werden "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft am Montag in Bukarest mitteilte.

Unter den vier Angeklagten ist auch der heute 92-jährige frühere Innenminister George Homostean. Ihm und Postelnicu wird vorgeworfen, die Verhaftung des Dichters und Ingenieurs Gheorghe Ursu im Jahr 1985 angeordnet und die Umstände seines Todes verschleiert zu haben. Ursu wurde nach regimekritischen Einträgen in seinem privaten Tagebuch von einem Informanten verraten und anschließend verhaftet und gefoltert. Wenige Wochen später starb er.

100.000 Mitglieder, 400.000 Informanten

Zwei nun ebenfalls angeklagte Ex-Offiziere sollen an der Folter beteiligt gewesen sein. Wann der Prozess beginnen soll, teilte die Staatsanwaltschaft nicht mit. 2003 waren bereits zwei frühere Securitate-Angehörige wegen Ursus Tod zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Danach hatte sich der Sohn des Dissidenten jahrelang dafür eingesetzt, dass auch Vorgesetzte bestraft werden müssten.

Während der kommunistischen Herrschaft in Rumänien wurden zwischen 1947 und 1989 Schätzungen zufolge mehr als 600.000 Menschen aus politischen Gründen inhaftiert. Die berüchtigte Geheimpolizei Securitate war 1948 gegründet worden und zählte am Schluss rund 100.000 Mitglieder und etwa 400.000 Informanten. Nach dem Sturz von Diktator Nicolae Ceausescu Ende 1989 wurde sie aufgelöst. (APA, 1.8.2016)