Forschungen zeigen typischerweise: Frauen sind weniger risikobereit als Männer. Die Ursache für diesen vermeintlichen Unterschied dürfe nicht in der Biologie gesucht werden, sagt Wissenschafterin Sabine Köszegi. Es gelte gesellschaftliche Faktoren miteinzubeziehen.

Foto: iStock

Riskantes Verhalten im Beruf ist schwer zu untersuchen. Forscher der Johannes-Kepler-Universität Linz (JKU) haben es daher auf eine etwas andere Art versucht – indem sie die Spiele von 42 Profi-Basketballteams beobachteten. Der Vorteil: Im Basketball gibt es klar abgrenzbare riskante Strategien (schwierige Drei-Punkte-Würfe) und weniger riskante Strategien (die leichteren Zwei-Punkte-Würfe).

Die Forscher wollten wissen, wie sich Männer und Frauen jeweils in kritischen Situationen verhalten. Aus welcher Distanz wagen sie einen Wurf? Bei welchem Spielstand und zu welchem Spielzeitpunkt? Das Ergebnis der Analyse: "Männer zeigen sich deutlich risikobereiter", sagt René Böheim vom Institut für Volkswirtschaftslehre der JKU. "Sie versuchten öfters die riskanten Drei-Punkte-Würfe, gerade bei knappem Spielstand. Die weiblichen Profis hingegen versuchten dann lieber, Fehlwürfe zu vermeiden."

Auch im Management

Diese Resultate legen die Studienautoren auf andere Umfelder um: In Managementpositionen, auf Finanzmärkten, bei der Stellenbesetzung entscheiden Männer ebenso riskant, Frauen risikoscheuer, sagen sie. Aber sind Sport und Beruf wirklich vergleichbar? "Wir haben Profis beobachtet. Sie sind genauso Spezialisten wie beispielsweise Finanzanalysten und -analystinnen. Der Sport ist ihr Job, ihr täglich Brot", sagte Böheim dazu dem STANDARD.

In herkömmlichen beruflichen Situationen zeige sich zudem ein ähnliches Bild, so der Wissenschafter: Frauen treten seltener in den Wettbewerb, in Gehaltsverhandlungen seien sie zögerlicher. Das zeigt auch ein Experiment der Universität Bonn: Die Mehrheit der Teilnehmerinnen entschied sich darin für ein Fixgehalt. Männer hingegen wählten leistungsabhängige Akkordlöhne – und verdienten letztlich mehr. Für die Autoren der Studie könnte das Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern zumindest teilweise erklären.

Ursache der Unterschiede?

Für Sabine Köszegi, Professorin am Institut für Managementwissenschaften an der Technischen Universität Wien, lassen derlei Studien einen wichtigen Aspekt außer Acht: "woher diese Unterschiede kommen." Sind sie biologisch, hormonell, neurologisch oder doch anerzogen? Fragen, denen sich Böheim in weiteren Untersuchungen widmen will. Seine Vermutung: "Sie haben vor allem mit Erziehung zu tun."

Dass eine unterschiedliche Sozialisierung von Buben und Mädchen ausschlaggebend ist, glaubt auch Köszegi – "Frauen werden darauf trainiert, kooperativ zu sein". Auch weitere Umweltfaktoren spielten eine Rolle. "In Gehaltsverhandlungen sind die Ausgangspositionen für Männer meist besser – natürlich werden sie härter verhandeln. Wären Frauen und Männer tatsächlich gleichberechtigt, ist Köszegi überzeugt, gäbe es auch keinen Gender-Gap im Risikoverhalten.

Gleiche Erfolgsquoten

Beim Basketball könnten diese unterschiedlichen gesellschaftlichen Voraussetzungen ebenfalls eine Rolle spielen: "Vielleicht werden Frauenteams einfach anders trainiert", sagt die Wissenschafterin und verweist auf Studien, die für andere Berufsfelder zeigen, dass Frauen und Männer jeweils unterschiedlich unterstützt werden. "Zum Beispiel wurde das Risikoverhalten von Entrepreneuren und Entrepreneurinnen untersucht. Es zeigte sich, dass Frauen und Männer anders beraten, anders gefördert werden und auch andere Rahmenbedingungen vorfinden. Werden diese Effekte berücksichtigt, unterscheidet sich das Risikoverhalten von Männern und Frauen kaum bis nicht."

Fraglich sei schließlich auch, welche Konsequenzen die Differenzen letztlich haben, sagt Köszegi. So weist die JKU-Studie nicht nach, dass sich die Risikobereitschaft der Männer lohnt. Die Erfolgsquoten der Basketballspieler glichen etwa jenen der Basketballerinnen, wie die Wissenschafter in ihrem Bericht schreiben. (Lisa Breit, 17.8.2016)