Besser schlafen? Tablet und Smartphone aus dem Schlafzimmer zu verbannen, kann helfen.

Illustration: Blagovesta Bakardjieva

Kinder brauchen rund zwölf Stunden Schlaf. Zwischen sechs und acht Stunden schläft ein Erwachsener. Ein Drittel unserer Lebenszeit verbringen wir schlafend. Doch wozu ist das überhaupt gut?

Schlaf hat viele Funktionen. Zuallererst ist er lebensnotwendig. Ratten, die nicht schlafen, sterben innerhalb weniger Wochen. Menschen beschert Schlafmangel Kopfschmerzen, er führt zu Konzentrationsschwäche oder Müdigkeit. Folgen können ernstzunehmende psychische Probleme wie Angststörungen oder Depressionen. Wer zu wenig schläft, hat auch ein höheres Risiko, an Krebs zu erkranken oder einen Herzinfarkt zu erleiden.

Umgekehrt steigert ausreichend Schlaf die Leistungsfähigkeit. "Der Schlaf ist für den Menschen, was das Aufziehen für die Uhr ist", hat der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer einst sehr treffend formuliert und hatte medizinisch recht.

Schlaf regt den Stoffwechsel an und dient der Regeneration. Er lässt Wunden schneller heilen und stärkt das Immunsystem. Ausgiebiger Schlaf mindert sogar die Schmerzempfindlichkeit, zeigen Studien. Im Schlaf werden zudem Erlebnisse des Tages verarbeitet – und gelöscht respektive gespeichert. Forscher von der Northwestern University in Chicago vermuten sogar, dass Schlaf auch dabei helfen kann, Ängste loszuwerden.

Schlafstörungen nehmen zu

Schlaf hat aber nicht nur positive Effekte auf das Wohlbefinden, sondern offenbar auch darauf, wie uns andere wahrnehmen. Einem Experiment schottischer Forscher an 200 Freiwilligen zufolge werden Ausgeschlafene als intelligenter bewertet als Unausgeschlafene. Dass Schlaf dem Menschen guttut, ist insofern wissenschaftlicher Konsens.

Besorgniserregend also, dass Schlafstörungen zunehmen: In Österreich und Europa ist mittlerweile jeder Vierte davon betroffen, schätzen Schlafforscher und identifizieren den Druck in Arbeits- und Privatleben für Probleme beim Ein- und Durchschlafen.

Auch digitale Geräte dürften die Schlafqualität maßgeblich beeinflussen, und zwar auf vielerlei Art und Weise. Erstens, indem sie das Leben insgesamt beschleunigen, rund um die Uhr Informationen liefern. Das beunruhigt, beschäftigt, "aktiviert uns, und so machen wir uns wach, bevor wir schlafen gehen", sagt der Wiener Neuropsychologe Johann Beran.

Eine Rolle spielt auch ein Phänomen, das Fachleute als "Fomo" (engl.: für "the fear of missing out", dt.: die Angst, etwas zu verpassen) bezeichnen. US-Forscher rund um Psychologieprofessor Larry Rosen machte ein Experiment mit 700 Studierenden. Dabei fanden sie heraus, dass rege Smartphone-Nutzer eher Probleme hatten einzuschlafen. Sie wachten in der Nacht auch häufiger auf.

Wachmacher sind auch die Bildschirme der Smartphones und Computer: Ihr Blaulicht trifft auf die Rezeptoren im Auge – und versetzen den Organismus in den Tagmodus. Blaues Licht gibt es in der Natur nämlich nur morgens und tagsüber. Wie Forscher der Universität Basel herausfanden, sind Menschen, die abends vor einem Bildschirm sitzen, deshalb um bis zu 20 Prozent aktiver und wacher, als sie es sonst um diese Zeit wären.

Offline im Schlafzimmer

Wie schützt man sich gegen die Schlafräuber? Der gute Rat: Mindestens eine Stunde vor dem Zu-Bett-Gehen alle elektronischen Geräte abschalten. "Fernseher und Internet sind Aufregungshilfen, keine Entspannung", sagt Psychologe Beran. Dimmt man die Beleuchtungen, schüttet der Körper das Schlafhormon Melatonin aus.

Für Smartphones gibt es bereits Apps, die die Zusammensetzung des Bildschirmlichtes je nach Tageszeit verändern: Nach Sonnenuntergang gibt es mehr gelbe und rote, aber weniger blaue Anteile, mit dem Sonnenaufgang kommen die blauen Wellenlängen wieder dazu. Überhaupt sollte man nachts die Technik ganz aus dem Schlafzimmer verbannen. Beran: "Machen Sie Ihren Schlafraum zur finsteren Höhle, weil wir immer noch Höhlenmenschen sind."

Auch tagsüber sind Online-Pausen wichtig: Smartphone und Laptop mehrmals pro Tag bewusst zur Seite zu legen und "nicht auf jede einzelne Benachrichtigung wie ein Pawlow'scher Hund reagieren", rät Psychologe Rosen. Das wirke gegen "Fomo". Aktivitäten im Freien können helfen, das Bewusstsein auf das Hier und Jetzt zu lenken – Achtsamkeitstraining, eigene Bedürfnisse und Nöte spüren, abschalten.

Die radikalere Maßnahme: eine Woche Camping in der Natur. Wie ein Experiment von Wissenschaftern der Uni von Colorado zeigte, passt sich die innere Uhr des Menschen an den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus an – und mindert Schlafstörungen. Eine andere Lösung hat Schlafexperte Colin Espie: Der Professor an der Universität of Oxford entwickelte "Sleepio". Die Applikation verspricht, den Schlaf durch personalisierte Beratung wieder auf ein gesundes Level zu bringen, und zwar mittels Smartphone. (Lisa Breit, 11.11.2016)