Darja Klischina: "Ich bin alleine hier und das ist eine große Verantwortung."

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Rio de Janeiro – Die russische Weitspringerin Darja Klischina hat das Finale bei den Olympischen Spielen erreicht. Als einzige Leichtathletin Russlands nach dem Doping-Skandal in Rio am Start zu sein, behagt ihr aber nicht ganz. "Die vergangene Woche war wirklich hart für mich, aber ich bin glücklich, bei den Olympischen Spielen zu sein", sagte die 25-Jährige, die nach dem Vorkampf wortlos verschwand.

Die Ad-hoc-Kommission des Internationalen Sportgerichtshofes CAS hatte erst am Montag in Rio dem Einspruch der Athletin gegen ihren nachträglichen Ausschluss durch den Weltverband IAAF stattgegeben. Die seit drei Jahren in den USA lebende Athletin konnte begründen, dass sie sich in dieser Zeit vollständig konformen Dopingkontrollen unterzogen hatte und nicht in Russland getestet wurde.

"Verräterin"

"Ich versuche, die vergangene Woche zu vergessen", meinte die Hallen-Europameisterin von 2011 und 2013. "Ich musste auf die Entscheidung warten, konnte nicht trainieren." Mit ihrer Rolle ist sie nicht zufrieden. "Es ist eine irreguläre Situation, weil ich mir lieber ein großes russisches Team um mich herum wünschen würde", sagte Klischina. In ihrer Heimat wurde sie wegen ihres olympischen Alleingangs sogar als "Verräterin" beschimpft. "Ich bin alleine hier und das ist eine große Verantwortung."

Die Zuschauer im Stadion von Rio nahmen von ihrem vor Gericht erstrittenen Auftritt wenig Notiz. "Sie war sehr zuversichtlich und hätte sich weder positiv noch negativ durch das Publikum beeinflussen lassen", berichtete ihr australischer Trainer Loren Seagrave.

IOC-Präsident Thomas Bach verteidigte unterdessen erneut die vielfach kritisierte Entscheidung, Russlands Athleten nicht komplett von den Olympischen Spielen in Rio auszuschließen. "Diese Entscheidung sorgt für individuelle Gerechtigkeit, auf die jeder Mensch Anspruch hat. Auch im Sport gibt es keine Sippenhaft", sagte der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees.

Bach: "Weitere Sanktionen werden folgen"

Die Teilnahme der russischen Athleten sei nach Veröffentlichung des McLaren-Reports – drei Wochen vor der Eröffnungsfeier – die drängendste Frage gewesen. "Die Aufarbeitung ist mit Rio nicht vorbei. Weitere Sanktionen werden folgen", kündigte Bach an.

Beim Fall der russischen Whistleblowerin Julia Stepanowa sei die entscheidende Frage gewesen: "Kann oder muss das Grundgesetz des IOC für sie geändert werden, um dadurch einen Start zu ermöglichen?"

Die Ethik-Kommission sei zu dem Schluss gekommen, dass man das nicht machen sollte. "Julia Stepanowa hat über viele Jahre gedopt und von diesem System profitiert", sagte der IOC-Chef. "Erst als das System sie nicht mehr schützen konnte und sie gesperrt wurde, hat sie ausgesagt." (APA, 17.8.2016)