Gerüchte über den Tod des Pensionssystems sind verfrüht. Glaubt man Prognosen der EU-Kommission, werden die Renten künftig nicht unleistbar, bleiben aber sehr teuer.

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Wien – Unter Menschen in ihren 20ern ist die Pension nicht unbedingt das Gesprächsthema. Wenn man sie aber darauf anspricht, dann scheinen sie den Kopf in den Sand zu stecken. Je nach Umfrage glauben fünf bis sechs von zehn jungen Erwachsenen, später einmal keine staatliche Pension mehr zu bekommen. Diese Befragungen werden meist von privaten Versicherern in Auftrag gegeben. Das Ergebnis passt ihnen also ins Geschäftsmodell. Wer mit Jungen redet, kommt jedoch zu ähnlichen Schlüssen. Sorgen sie sich aber zu Recht?

Aus heiterem Himmel hat sich diese Ansicht jedenfalls nicht verbreitet. Unbestritten ist, dass es in der Zukunft viel mehr alte Menschen geben wird. Derzeit sind zwei Millionen Personen in Österreich über 65 Jahre alt. 2050 sind es laut Prognosen der EU-Kommission dann eine Million mehr. Es wird also wesentlich mehr Leute geben, die von der Arbeit der Restbevölkerung erhalten werden müssen.

"Das ist Panikmache"

Gleichzeitig gehen die Menschen in Österreich im Moment noch relativ jung in Pension. Im Schnitt sind sie etwa 60 Jahre alt.

Das ist teuer. Steckt der Kopf der Jungen also berechtigterweise im Sand? Nein, sagen Experten. "Das ist Panikmache", sagt Bernd Marin, einer der führenden Forscher zum Thema im Land. "Es wird immer so etwas wie eine Pension geben." Andreas Wörgötter, mittlerweile in Rente, sieht es genauso. "Es geht sich immer aus." Wörgötter hat lange für die OECD die Wirtschaft Österreichs und die anderer Länder analysiert.

Frage der Kaufkraft

Beide Experten setzen ihre Antworten mit einem "aber" fort. Dieses "aber" ist es wohl, das neben der Panik, die manche Politiker schüren, um ihre eigenen Positionen durchzusetzen, für die Sorgen der Jungen verantwortlich ist.

So sagt etwa Bernd Marin, ja, die Jungen werden eine Pension bekommen, "aber wie viel Kaufkraft dahintersteht, hängt von der Reformbereitschaft meiner Generation ab". Junge Menschen würden die Pension ihrer Eltern im Schnitt mit 100.000 Euro fördern, sagt Marin. Wenn sie im öffentlichen Sektor arbeiten, sei es noch viel mehr. Denn die Beiträge der Eltern würden ihre Pensionszahlungen bei weitem nicht decken. Das liege nicht daran, dass die Pensionisten in Saus und Braus leben, sondern einfach daran, dass sie sehr lange in Rente sind.

EU-Prognosen

Um die Leistbarkeit von Pensionen abschätzen zu können, lohnt ein Blick auf die Prognosen der EU-Kommission. Derzeit bekommen Pensionisten brutto ein Siebtel des Kuchens, also der gesamten Einkommen eines Jahres, die es zu verteilen gibt. 2050 sind es nur ein paar Brösel mehr, 14,6 Prozent statt derzeit 13,9 Prozent.

Wie ist das möglich, wenn es so viel mehr alte Menschen gibt? Erstens wächst der Kuchen weiter, die Kommission nimmt ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent pro Jahr an. Zweitens gehen die Menschen später in Pension. Drittens werden die Renten auch weniger großzügig ausfallen. Wer vor 15 Jahren in den Ruhestand ging, ist nicht von den schwarz-blauen Kürzungen betroffen. Heute fallen die Pensionen niedriger aus. Nach dieser Lesart sind die Ausgaben für Rentner künftig nicht unleistbar. Es ist umgekehrt: Die Ausgaben sind gemessen an der Zahl der Pensionisten nur heute sehr hoch.

"Pensionssystem ist stabil"

"Das Pensionssystem ist stabil", sagt Andreas Wörgötter. "Seine Nachhaltigkeit kann ohne weiteres gesichert werden." Die Menschen würden künftig aber freilich länger arbeiten müssen, sagt er. Immerhin würden sie auch immer länger leben. Das Antrittsalter für Frauen müsse man darüber hinaus schneller an das der Männer anpassen.

Für die OECD hat er unter anderem Analysen zu Dänemark erstellt. Dort werden heute schon Briefe an Junge versandt, die ihnen mitteilen, wie lange sie einmal arbeiten müssen. Ein Bekannter habe erst so ein Schriftstück erhalten. Sein Antrittsalter: 72. Es passt sich dort automatisch an die Lebenserwartung an. (Andreas Sator, 19.8.2016)