München/Wien – Ein Gfrett ist das mit dem Alter. Vor ein paar Jahren noch hätte es geheißen: "Jetzt die Zähne zusammenbeißen, Brust raus – Bauch gab es damals noch nicht – und mit einem Lächeln durch!" Durch den Hagelschauer nämlich, einen ordentlichen noch dazu, er hat das Ende der Tour in die Berge hinter München nicht abwarten können und drischt seine eisigen Kugeln auf die Arme, die Beine und den Helm.

BMW R nineT Scrambler
Foto: BMW

Dabei, zum Motorrad würde das arge Wetter eh gut passen. Zur BMW R nineT Scrambler. Denn die wilden Hunde der 60er- und 70er-Jahre haben ihre Motorräder ja hochgestellt, damit sie auch abseits der befestigten Straßen unterwegs sein können – dort, wo das Abenteuer wartet, nicht der Topfenstrudel. In diesem Stil hat BMW nun die R nineT umgebaut und ein ganz neues, günstigeres Motorrad geschaffen.

BMW R nineT Scrambler
Foto: BMW

Die R nineT war vor zwei Jahren als nette Spielerei gedacht, um ein bisserl Aufsehen zu erregen. BMW nahm den luftgekühlten Boxer aus der alten GS – die neue GS bekam einen Luft-Wasser-gekühlten mit deutlich mehr Leistung – und baute ihn in ein fesches Naked-Bike ein.

BMW R nineT
Foto: BMW

Der Erfolg war so riesig, dass es die R nineT immer noch gibt. Die Sorgen, die sich BMW machte, dass jemand meinen könnte, die 110 Boxer-PS seien zu wenig, waren grundlos. Ganz im Gegenteil. Der Erfolg der R nineT beruht auf dem genialen Motor, dem schlichten Design und dem perfekten Handling der Maschine. Himmelschimmel, ist das ein Traum, dieses knochentrockene Motorrad über die Berge zu jagen.

BMW R nineT
Foto: BMW

Manch gesetztem Herrn war das Fahrwerk dann aber doch zu hart, die Maschine zu brachial – und BMW ersann die Scrambler.

Als Motor kommt abermals der luftgekühlte Boxer mit 1.170 Kubikzentimeter Hubraum zum Einsatz, der 110 PS leistet und ein Drehmoment von 116 Newtonmetern entwickelt. Durch ein neues Mapping und einen Aktivkohlefilter schafft der Motor nun sogar die Euro-4-Vorschriften.

Geänderte Geometrie

Und obwohl auf den ersten Blick klar ist, dass die Scrambler nur eine modifizierte R nineT ist, sind beide Motorräder so unterschiedlich, wie man sich das fast nicht vorstellen kann.

BMW R nineT Scrambler
Foto: BMW

Die Scrambler ist, wie der Name schon nahelegt, minimalistischer aufgebaut. Aber mehr noch, BMW hat die gesamte Geometrie geändert, angefangen beim Lenkkopfwinkel bis hin zu den Reifen. Das Vorderrad ist größer, das hintere schmäler. Aber am stärksten schaut die Scrambler natürlich mit den nichtserienmäßigen Speichenrädern und den Stollenreifen aus. Damit fährt sich die Fuhre zwar nicht ganz so galant wie mit den Straßenreifen, aber da muss man als Scrambler-Fan durch. Alles in allem ist die Scrambler, zum Beispiel durch die längeren Federwege der einfachen Gabel, eh viel komfortabler als die R nineT.

BMW R nineT Scrambler
Foto: BMW

Eine Augenweide sind der hochgezogene Auspuff und die Aufhängung des Hinterrades. Noch sehr fesch wäre der optionale Alutank – den gibt es mit einer wunderschönen Schweißnaht, dann kostet er rund 900 Euro, oder ohne um noch einmal einen Hunderter mehr. Wie man überhaupt so viel Geld in Extras stecken kann, dass der Preisvorteil gegenüber der normalen R nineT bald dahin ist.

BMW R nineT Scrambler
Foto: BMW

Die BMW R nineT gibt es ab 17.900 Euro, die R nineT Scrambler ab 15.500 Euro. Ein wohlfeiles Geschenk sind also beide nicht. Dafür aber herrliche Schönheiten. Und wie wichtig das ist, erkennt man zumindest, wenn man vorm Hagel flüchtet und im Unterschlupf nix anderes tun kann, als sein Motorrad anzuschauen. (Guido Gluschitsch, 24.8.2016)