Frankreich, das Land des strikten Laizismus, hat schon vor zehn Jahren ein Kopftuch- und dann ein Burkaverbot erlassen. Der Burkini ist an den Stränden erst in dieser Saison richtig aufgetaucht. Das scheint in dem terrorversehrten Land – gerade in Nizza – irrationale Ängste zu schüren. Es genügt, die Begründung für die lokalen Verbote zu lesen, um ihren Widersinn zu erkennen. Warum soll man an einem Strand nicht den Oberkörper bedecken dürfen oder mit Beinkleidern ins Wasser steigen?

Wer Burkini-Trägerinnen aus der Nähe beobachtet, stellt rasch fest, dass es – anders als bei den Burka-Trägerinnen – zweifellos keine radikalisierten Islamistinnen sind. Diese würden von ihren Männern gar nicht an den Strand gelassen. Der Burkini scheint gerade für Musliminnen im besten Alter eher ein Mittel zu sein, trotz Religion oder Herkunft den Freuden des Strandlebens frönen zu können.

Den Burkini zu akzeptieren heißt zu akzeptieren, dass ein Zehntel der Franzosen eigene Sitten- und Bekleidungsvorstellungen hat – wie jene Frauen, die sich gerne topless sonnen. Die Güterabwägung spricht klar zugunsten der persönlichen Freiheit und gegen laizistische Prinzipien.

Es ist deshalb zu hoffen, dass die lokalen Burkini-Verbote ein saisonales Phänomen bleiben, das unter dem Eindruck des Nizza-Attentats zustande gekommen ist – und in der nächsten Badesaison wieder in Vergessenheit gerät. Damit in der Stranddemokratie alle willkommen sind. (Stefan Brändle, 24.8.2016)