Für die Arbeiten ist alles vorbereitet – wir warten nur noch auf den Kran.

Foto: Institut für Konservierung, Universität für angewandte Kunst Wien

Das Interesse an unserem Arbeitsplatz ist wie jedes Jahr groß, und einen Autokran sieht man am Durbar Square auch nicht alle Tage.

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Gespannt beobachten die zahlreichen Zuschauer, wie wir die heruntergestürzten tonnenschweren Teile der Säule mithilfe des Krans umlagern.

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Gemeinsam mit Rohit Ranjitkar bespricht unser Team das Konzept für die geplante Wiederaufstellung der Königssäule.

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Die feuervergoldete Metallskulptur des Königs wurde besonders stark deformiert. Wir hoffen, dass der Kupferschmied ihn wieder rückformen kann.

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Nachdem die Skulptur des Königs zerlegt wurde, werden die Einzelteile von Metallrestauratorinnen gereinigt.

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Ganz Patan scheint auf den Beinen zu sein, um Krishnas Geburtstag zu feiern.

Foto: Institut für Konservierung, Universität für angewandte Kunst Wien

Es ist heuer das erste Fest in Patan, das wir miterleben, und es wird sicher nicht das letzte bleiben.

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Das nächtliche Hundegebell ebbt langsam ab. Automotoren, knatternde Mopeds und unablässiges Hupen erfüllen stattdessen die Straßen. Dazwischen subtilere Töne, klingelnde Glöckchen und Vogelgezwitscher. Alles untermalt mit dem von den Einheimischen praktizierten unüberhörbaren Hochziehen diverser Körpersekrete und dem geräuschvollen Ausspucken selbiger.

Es ist sechs Uhr morgens. Ich bin schon eine Weile wach. Vielleicht wegen dieser noch ungewohnten Geräuschkulisse, vielleicht weil ich auf den Arbeitstag gespannt bin. Denn unser Team wird damit beginnen, die tonnenschweren Teile der umgestürzten Königssäule umzulagern und so für die Wiederaufstellung vorzubereiten. In etwas mehr als einer Stunde soll der dazu bestellte Autokran auf den Durbar Square kommen.

Warten und Tee trinken

"Warum haben wir nochmal geglaubt, dass der Kran pünktlich kommt", fragt mich meine Kollegin Marija. Ich zucke mit den Schultern und schaue auf die Uhr. Es ist neun Uhr. Der Kran war für 7.30 Uhr bestellt. Nach mehreren Restaurierkampagnen in Patan sollten wir eigentlich wissen, dass hier fast nichts pünktlich beginnt und Warten zum Arbeitsalltag gehört. Warten auf Materiallieferungen, den Mann mit dem Schlüssel zum Warenlager oder einfach nur darauf, dass es zu regnen aufhört.

Ich besorge uns Chai, den typisch nepalesischen Milchtee, und wir warten weiter. Hoffentlich ist der Kran nur im morgendlichen Verkehrschaos steckengeblieben. Und hoffentlich ist es kein – auf Nepals Straßen so häufig anzutreffender – umgebauter Traktor Marke Eigenbau.

Ein Publikumsmagnet

Als der sehnsüchtig erwartete Autokran dann endlich auf den Durbar Square einbiegt, ist unser Arbeitsplatz innerhalb weniger Minuten das Zentrum öffentlichen Interesses. Händler und Touristen, Einheimische auf dem Weg zum morgendlichen Tempelbesuch und Kinder auf dem Schulweg drängen sich an den Zaun. Wortwörtlich am Gitter festgekrallt, versuchen alle einen Blick zu erhaschen.

Ich muss an die Worte von Rohit Ranjitkar, Direktor des Kathmandu Valley Preservation Trust (KVPT), bei unserer Begehung der Baustelle vor einigen Tagen denken: "A little bit like a zoo." Aber wenigstens haben wir heuer einen richtigen Zaun und nicht nur Wellblech und Absperrbänder wie in den vergangenen Jahren. Denn die Zahl an Schaulustigen ist und war immer groß.

Detektivische Arbeit

Innerhalb einer halben Stunde ist das Spektakel dann auch schon wieder vorbei. Die drei im Erdbeben heruntergestürzten Teile der Steinsäule, jedes davon knappe drei Tonnen schwer, wurden von unserem Team aus fünf Steinrestauratoren separat auf Holzbalken gelagert. Wir konnten dabei auch gleich einen Blick auf die Unterseiten der Teile werfen. Löcher, Ausnehmungen, Steindübel, Korrosionsrückstände sowie Mörtel- und Harzreste wurden vermerkt.

Diese Detektivarbeit ist für Restauratoren wichtig, denn nur so können wir die ursprüngliche Konstruktionsweise der mehrteiligen Säule sowie spätere Änderungen nachvollziehen. Basierend darauf erarbeiten wir gemeinsam mit dem KVPT ein Konzept für die Wiederaufstellung. Ziel ist es, die ursprüngliche Konstruktionsweise beizubehalten; neue Steindübel und zusätzliche rostfreie Stahlstifte bringen zusätzliche Stabilität. Gleichzeitig vermeiden wir zu starre Verbindungen zwischen den Einzelteilen, um die fast acht Meter hohe Säule erdbebensicherer zu machen.

Bäder für den König

Gemeinsam mit dem oberen Teil der Säule war auch die diese krönende metallene Skulpturengruppe rund um König Yoganarendra Malla durch das Erdbeben herabgestürzt. Schwerste Deformierungen und Risse waren die Folge. Besonders der König ist in einem schlechten Zustand, die gesamte Körpermitte ist komplett eindrückt. Im Innenhof des Palastes wartet er nun – man möchte fast sagen: demütig gebeugt – auf seine Behandlung: Trocken- und Nassreinigung, dann Kompressen und Bäder, um Korrosionsrückstände zu entfernen. Diese Aufgaben wird unser vierköpfiges Metallrestauratorenteam übernehmen.

In Nepal gibt es zwar ausgezeichnete Handwerker, aber keine ausgebildeten Restauratoren, die das nötige Wissen mitbringen, wie empfindliche Metalloberflächen zu konservieren und zu erhalten sind. Jedoch unterstützen uns lokale Kupferschmiede des KVPT bei der Rückformung der stark verformten Skulptur. Wenn möglich, soll diese Arbeit ohne große Hitze durchgeführt werden, um die originale Feuervergoldung zu erhalten. Doch dies wird angesichts der erheblichen Deformierungen keine leichte Aufgabe, auch nicht für die begabten nepalesischen Handwerker.

Nepalesische Feierlichkeiten

Wir bitten die Kupferschmiede, gleich am nächsten Tag mit den Arbeiten zu beginnen. Doch das muss warten, es ist Feiertag. Krishna hat Geburtstag!

Am nächsten Tag herrscht auf dem Durbar Square reges Treiben. Die Gassen Patans sind nicht wie sonst durch Autos, sondern von Menschen verstopft. Berührungsängste sollte man bei nepalesischen Festen nicht haben. Denn es ist eng, laut, bunt und schrill. Rauchschwaden von Kerzen und Räucherstäbchen liegen in der Luft. Es wird gesungen und getanzt.

Nach einem solchen Tumult freuen wir uns auf den nächsten, vergleichsweise ruhigen Arbeitstag. Für die Königssäule muss ein Gerüst organisiert werden. Wir wollen die Risse im noch stehenden Säulenschaft genauer mittels Ultraschallmessungen untersuchen, bevor wir weitere Vorkehrungen für die Wiederaufstellung treffen. (Martina Haselberger, 2.9.2016)