Das Wort Gottes in der Rockermontur verkünden – für David Eugene Edwards und seine Band Wovenhand ist das kein Problem.


Foto: Glitterhouse

Wien – So muss sein Vater ausgeschaut haben. Der ist früh gestorben, war Alkoholiker und ein Tunichtgut, der lieber mit der Motorradgang Gummi am Asphalt verbrannte, als Familie zu spielen. Warlords hieß die Gang, und David Eugene Edwards soll dem Alten wie aus dem Gesicht geschnitten sein, sagt David Eugene Edwards. Aktuell inszeniert er sich mit Motorradlederjacke und Brillen, wie sie Biker in Filmen wie Easy Rider oder The Wild Angels tragen, so, wie sein Vater vielleicht ausgesehen hat. Doch das ist nur die Hülle.

David Eugene Edwards ist ein Mann Gottes. Sein Großvater war Prediger, und Edwards steht offen zu seiner Religiosität, die aber nicht im Dienst einer Kirche steht, sondern direkt Kontakt mit dem Herrn hat. Sagt er. In der Doku The Preacher spricht der Musiker aus Denver, Colorado, über seinen Glauben, bekennt sich aber zum Polytheismus, als er erzählt, dass er einst die Wände seines Jugendzimmers mit Bildern von Bob Dylan tapeziert hat. Mit Dylan konnte sogar seine in Weihwasser badende Mutter, sie hielt sich jedoch an seine christlichen Alben.

Doch Edwards wurde noch von anderen Künstlern und Bands in Versuchung geführt, nachgegeben hat er den Rufen der Joy Division, des Gun Club oder der Birthday Party. Mit deren weltlicher Radikalität wollte er fortan über seinen Glauben singen. Dabei ist er geblieben. Am Freitag erscheint das neue Album seiner Band Wovenhand. Es heißt Star Treatment und ist deren zehntes. Am 17. September spielt Wovenhand in Wien, am 20. in Salzburg.

folk pine

Aufgetaucht war Edwards 1995 als Sänger von 16 Horsepower. Deren aus den Appalachen kommender Folk radikalisierte sich am Weg in die Stadt, in die das Trio auf dem Gaul, mit der Quetschkommode und dem Banjo im Anschlag einfiel. Während Horsepower längst Geschichte sind, zählt Wovenhand mittlerweile gut 15 Jahre.

Star Treatment steht auf dem Gipfel einer Entwicklung, die sich bereits mit dem Vorgänger abzeichnete. Auf dem noch etwas halbgar ausgefallenen Refractory Obdurate präsentierte Edwards seine Band in harter Gangart, an Star Treatment legte nun Sanford Parker Hand an. Der kommt aus dem Metal- und Schwarzkuttenfach und hat das Album in Steve Albinis Giftküche aufgenommen, dem Electrical Audio Studio in Chicago.

Herausgekommen ist dennoch kein Christlicher Metal. Edwards und seine Mitstreiter vertrauen im Fundament ihrer Musik immer noch dem Folk. Doch dessen Begleitlärm ist dieser Tage beträchtlich und lässt Edwards Gesang mitunter ein Pathos angedeihen, das jedem Prediger schmeicheln würde, der gerade noch nicht von den Sisters of Mercy als Sänger angefragt wurde. Eine Anfälligkeit für Pathos gesteht Edwards gerne ein, immerhin stand er erstmals mit dem Kirchenchor auf der Bühne und tourte damit durch die USA. Heute tut er dasselbe als Bandleader, mit grimmigerer Musik, mit seiner subjektiven Deutung der heiligen Märchen, aber ohne missionarischen Auftrag.

Die Bibel unterm Polster

Bibelgeschichten sind strapazfähig ohne Ende. Nicht nur Fanatiker rechtfertigen ihr gottloses Tun gerne mit einem angeblichen höheren Auftrag, Künstler wie Nick Cave schlafen bis heute mit der Bibel als Inspirationsquell unterm Polster. In dessen künstlerischer Nähe ist Edwards zu verorten, ohne dass er deshalb unoriginell erschiene. Stücke wie das westernlastige The Hired Hand oder das grimmige Crystal Palace belegen ganz klar die originäre Größe dieser Band. (Karl Fluch, 7.9.2016)