ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner (links) und ÖFB-Frauen-Teamchef Dominik Thalhammer hoffen auf einen Schub für den Frauenfußball.

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Wien – Mit der erstmaligen EM-Qualifikation haben die ÖFB-Fußballfrauen ein noch vor Jahren undenkbares Ziel erreicht. "Ein Traum ist in Erfüllung gegangen", sagte Teamchef Dominik Thalhammer zwei Tage nach dem entscheidenden 0:0 in Wales. Zugleich forderte er eine weitere Steigerung. "Wir sind für uns noch nicht gut genug", sagte er bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien.

ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner geriet ins Schwärmen: "Du hast dir ein historisches Denkmal gesetzt", sagte er und kam auch um den für Thalhammer "problematischen" Vergleich von Männer- und Frauenkick nicht ganz herum. "Eine fantastische Leistung. Er hat das gleiche geschafft wie Marcel Koller mit den Männern", lobte er den Erfolgscoach. Thalhammer ist quasi Ruttensteiners "Erfindung", er heuerte den einstigen Männer-Coach (u.a. Admira-Wacker 2004/05) 2010 für das neu zu gründende nationale Frauen-Leistungszentrum in St. Pölten an.

Große Schritte

"Wir haben Konzepte entwickelt und sind quer durch Österreich gefahren, um Spielerinnen zu sichten", erinnerte sich Thalhammer, der schon ein Jahr später nach dem überraschenden Tod von Vorgänger Ernst Weber als A-Teamchef fungieren sollte. Eine Endrunden-Teilnahme war damals "extrem weit weg", sagte der Wiener. " Viele im Frauenfußball haben gesagt, dass man das nie erreichen kann." Schnell sei aber klar geworden, "dass man in großen Schritten vorwärtskommen kann", erklärte Thalhammer.

"Es war ein Prozess. Erst haben wir begonnen, defensiv stabil zu sein", sagte der Coach. Dann seien andere, inzwischen fest verankerte Dinge hinzugekommen: "Raumdeckung, Mittelfeldpressing, Spiel in Ballbesitz, Gegenpressing." Fortschritte seien nun nur noch in kleineren Dosen zu erzielen. "Jetzt geht es in die Details. Wir wollen mehr Ballbesitz haben und dabei stabiler sein."

Thalhammer lobt Spielerinnen

Was ihm aber mindestens ebenso wichtig erscheint: "Ich habe noch nie Spielerinnen erlebt, die so offen sind für Neues, die sich weiterentwickeln wollen", lobte er seine zum großen Teil aus Legionärinnen bestehende Truppe. "Wir sind für uns noch nicht gut genug. Und wir können in manchen Bereichen im Frauenfußball auch Trendsetterinnen sein."

Die EM will der 45-Jährige im Hinblick auf die Ziele locker angehen. "Wir wollen uns keine Grenzen setzen, wollen uns ständig weiterentwickeln. Ob es darum geht, vielleicht über die Vorrunde hinauszukommen, das werden wir dann zu gegebener Zeit festlegen. Wir wollen aber keine unbedeutende Rolle spielen", erklärte Thalhammer.

Dass seine Truppe am 22. Oktober in Regensburg ein Testduell mit dem mehrfachen Welt- und Europameister sowie Olympiasieger von Rio, Deutschland, bestreitet, dürfe gleichsam als Ritterschlag gewertet werden. "Wir bekommen mehr Aufmerksamkeit, unsere Leistungen werden wahrgenommen. Es war parallel auch eine Anfrage aus den USA da", sagte Thalhammer. "Deutschland sucht sich seine Testgegner schon genau aus, die sind zwei Jahre im Voraus ausgebucht. Für uns ist das eine große Prestigesache und eine sehr tolle Geschichte."

"Wichtige Arbeit" in St. Pölten

Die gute Entwicklung des A-Teams aber auch der U19- und U17-Auswahlen schreiben sowohl Thalhammer als auch Ruttensteiner zu großen Teilen dem St. Pöltner Kompetenzzentrum zu. Thalhammer: "Dort wird unglaublich wichtige Arbeit geleistet. Ein wesentlicher Faktor." Ruttensteiner verwies auf den Umstand, dass sich sechs "St. Pöltnerinnen" im Kader der A-Auswahl wiederfinden, machte zugleich aber auf die mangelnde Breite aufmerksam.

"Die Struktur ist gegeben, jedes Mädchen hat die Möglichkeit", stellte Ruttensteiner fest. "Aber es geht um die Etablierung des Frauenfußballs in der Gesellschaft. Wie kann man Mädchen für Fußball motivieren und begeistern, und es geht um die Bereitschaft der Trainerinnen und Trainer." Hilfreich wäre da auch größeres Engagement vonseiten der Bundesliga-Klubs der Männer. "Ich würde mir schon wünschen, dass alle Bundesligavereine solche Teams stellen", sagte Ruttensteiner.

In der geschafften EM-Qualifikation sieht der 53-Jährige einen möglichen Anschubfaktor. "Ich hoffe, dass es ein Turbo ist, dass dieser Erfolg im Sinne des Frauenfußballs genützt werden kann." (APA, red, 22.9.2016)