Madrid – Auch wenn es im Grunde um genau nichts geht – aber in dem Moment, in dem du am Ende der Boxengasse stehst und drei freie Runden auf einer Rennstrecke vor dir liegen, fallen alle Sicherungen. Da brennen die Mundwinkel, weil du schon wieder das Messer verkehrt zwischen den Zähnen hast.

Foto: Audi

In einem Abstand, der sicherstellt, dass ein Fahrer nicht auf den anderen auffahren kann, werden wir auf die Strecke gelassen. Nur, das mit dem Sicherstellen, das glaubt man in dem Moment nicht mehr, wo man merkt, dass der Kerl vor einem nicht nur den Start verpatzt, sondern sich auch schon vor der ersten Kurve verbremst hat.

Damit hat wohl niemand gerechnet, dass so ein Patzenlippl auf der Strecke ist. Also Angriff!

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Beim Anrollen auf die Startposition noch schnell den Fahrmodus "Dynamic" wählen, das Doppelkupplungsgetriebe auf Sport stellen und auf das Startsignal warten. Der linke Fuß drückt auf das Bremspedal, der rechte latscht bereits so fest aufs Gaspedal, als wollte er es durch die Bodenplatte treten. Aber keine Sorge – dank der Latsch-Kontroll kann nichts passieren. Die hat der Audi TT RS, wie inzwischen jeder Wagen, der sich zum Marktstart gerne auf eine Rennstrecke präsentiert, an Bord.

Latsch-Kontroll

Unweit von Madrid hetzen wir den TT RS mehrere Runden über einen kniffligen Rundkurs. Die Latsch-Kontroll – oder Launchcontrol, wie man mir dann später erklärt -, lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Obwohl, es ist gar nicht die Kontrolle selbst, sondern eher der Motor-Sound.

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Nervös böllert der 400 PS starke Fünfzylinder durch die Endrohre. Du weißt sofort, der will nicht nur spielen. Die 40 Jahre Erfahrung, die in der Entwicklung des rassigen Motors liegen, haben ihre potenten Spuren hinterlassen. Obwohl, hinter der Budel, wo wir die Helme ausgefasst haben, da war ein alter Fünf-Zylinder-Block aufgebaut. 700 PS stark. Und sicher vom Walter Röhrl eingefahren. Jede Wette. Dagegen ist dieser 2,5 Liter große TFSI eine Kinderjause.

3,7 Sekunden

Als der Streckenposten dann endlich die Flagge hebt und den Start freigibt, rutscht der Fuß vom Bremspedal, und der TT RS schießt nach vorn. Nach nur 3,7 Sekunden liegen 100 km/h an, sagt das Datenblatt. Bis zum ersten Bremspunkt bleibt keine Zeit, auch nur einmal auf den Geschwindigkeitswecker zu schauen. Jetzt muss alles passen. Da schielt man nicht eitel auf den Tacho, da konzentriert man sich auf die Kurve. Noch nicht, noch nicht, noch nicht. Jetzt. Voll in die Bremsen. Verdammt, zu früh und zu stark gebremst. Noch einmal weg. Gas. Jetzt doch zu schnell. Ah!

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Es ist schon komisch. Bei der Runde über die kahlen Berge und durch die pittoresken Dörfer hinter Madrid, eine bezaubernde Dame am Beifahrersitz im Roadster, da kommt kein Stress auf. Der Blick wandert nicht martialisch von Brems- zu Einlenk-Punkt, sondern von Kircherl zu Villa und über die Landschaft.

Helene Fischer

Das kernige Röhren, nicht zu laut, aber auch nicht dezent, übertönt die Helene Fischer, die sich irgendwie ihren Weg in die Soundanlage des 400-PS-Roadsters gebahnt hat. Nur wenn man merkt, dass man einem herzhaft bewegten ortskundigen Kleinwagen ein Verkehrshindernis ist, latscht man wieder einmal rechts ins Pedal. Oder wenn die Kurven gar so verführerisch sind. Aber sonst ist man derart gelassen unterwegs, dass vermutlich auch 90 PS reichen würden.

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Doch genau das ist es ja, was echte Sportwagen im Alltag ausmacht. Man muss auf einmal nicht mehr, weil man eh weiß, dass man jederzeit kann, wenn einen der Pelz juckt. Und eben diese Gelassenheit, die strahlt der TT RS auf der Straße permanent aus.

Hadern mit dem Abflug

Auf der Rennstrecke aber beginnt in der ersten Kurve das Hadern mit dem Abflug. Erst in Runde zwei rutscht der TT RS lässig die Kurven an, sticht wie mit dem Stilett durch den Apex, um zornig aus dem Eck zu schreien. Beim Aussteigen zittern die Hände, der Puls rast, die Pupillen sind riesig. Aller guten Dinge sind eben doch fünf. Auch wenn es um nix geht. (Guido Gluschitsch, 28.9.2016)

Audi bietet seinen 400 PS starken Sportwagen TT RS sowohl als Coupé als auch als Roadster an. Der Haupteinsatzzweck wird bei den Käufern über die Karosserieform entscheiden: Schickimicki oder Sport. Obwohl, eigentlich können beide beides.
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