Wien – Selbstbespiegelung von allen Seiten ist unter Kabarettisten eine vielgeübte Kunst. Heutzutage treibt diese Umkreisung des eigenen Egos manch einen, satirisch oder gar ernst gemeint, auch in die Niederungen der Realpolitik.

Helmuth Vavra hat in seiner Midlife-Crisis zwar definitiv keine Parteigründung im Sinn – dafür seien Künstler auch oft viel zu unreflektiert, wie er meint – zu seinem fünfzigsten Geburtstag möchte aber selbst der Kopf der Kabarettgruppe Heilbutt & Rosen die ausgetrampelten Pfade der Alltagssatire ein wenig verlassen – und etwas anders machen.

Auf der Premierenbühne im Wiener Casanova findet er sich, von Berthold Foeger gewohnt manierlich am Klavier begleitet, als rebellische Kunstfigur Che Guevavra wieder. Sie soll in Wettstreit treten mit seinem wahren Ich, dem angepassten Söhnchen aus gutem Haus, der statt Jeans Schnürlsamt und statt Nato-Tasche Aktenkoffer trägt. Erfolgreich behandelt wird Vavras an sich nett erdachte Persönlichkeitsstörung von Theresia Haiger als Therapeutenstimme aus dem Off.

Für echtes politisches Kabarett wäre in dieser Konstellation einiges drin gewesen. So hätte man sich etwa zu einer groß angelegten Dekonstruktion verklärter Polit-Ikonen aufschwingen können. Leider bleibt von derlei nicht viel mehr als die Skurrilität, dass Wien über Europas einziges öffentliches Che-Guevara-Denkmal verfügt.

Den Handlungsbogen nicht durchhaltend verliert sich die Spur im Anprangern von Bobo-Verlogenheit ("Moral und Geld, so ein Leben gefällt!"), führt über eine Navigationsgerät-Reise zum G-Punkt und endet bei Sex im Alter oder der nostalgischen Rückschau auf Achtzigerjahre-Pornos.

Inhaltliche Leerstellen kann auch Vavras gesangliche Spitzenleistung in Couplets angelehnt an Hans Moser oder Udo Jürgens nicht überdecken. Alles bleibt besser: Rebellion gegen nichts. (Stefan Weiss, 28.9.2016)