Unmittelbar vor der in New York anstehenden 15. Verhandlungsrunde zum umstrittenen Handelspakt TTIP werden beiderseits des Atlantiks Warnungen vor einem drohenden Handelsstreit ausgetauscht – und einander reflexartig Schuldzuweisungen zugeschoben. Dabei sind die vorgebrachten Argumente kaum haltbar. Dass die USA etwa die Deutsche Bank für frühere fragwürdige Geschäfte mit faulen Hypothekenpapieren zur Rechenschaft ziehen wollen, liegt in der Natur eines Rechtsstaats. Schließlich mussten auch schon US-Institute für Verfehlungen mit hohen Geldbußen geradestehen.

Die Vermutung des CSU-Europapolitikers Markus Ferber, es handle sich dabei um eine "Retourkutsche" für die von der EU-Kommission betriebene Steuernachzahlung für Apple, ist ebenso fadenscheinig wie die Replik des US-Industrielobbyisten John Engler, der den Steuerstreit als Akt der Aggression gegen amerikanische Unternehmen auslegt. Schließlich hat die geforderte Nachzahlung auch eine tiefe, innereuropäische Komponente – nämlich dass die von Steuerzuckerln geprägte Standortpolitik Irlands zulasten anderer EU-Staaten geht.

Vielmehr sind die Stolpersteine für TTIP in strittigen Fragen wie den Schiedsgerichten zu suchen, bei denen sich beide Seiten auf einen tragbaren Kompromiss auf Augenhöhe einigen müssen. Gegenseitige Unterstellungen, einen Handelskrieg anzuzetteln, sind dabei kaum hilfreich. (Alexander Hahn, 3.10.2016)