Graz – Mit einigen Geständnissen ist am Donnerstag der Prozess rund um eine tödliche Böller-Explosion im steirischen Kapfenstein fortgesetzt worden. Ein Angeklagter änderte seine leugnende Verantwortung, ein anderer wollte von vorne herein "reinen Tisch machen". Außerdem erzählten Nachbarn über den "Feuerball", durch den zwei Männer – Vater und Sohn – am 17. November 2014 ums Leben kamen.

Schon Monate vor dem Unglück hatten Nachbarn gelegentliche Böller-Schüsse gehört, aber sich nichts dabei gedacht. In der Gegend werden ja auch bei Hochzeiten öfter Böller geschossen. Keiner der Nachbarn wusste von der Produktion am Anwesen in Kapfenstein. "Meine heute zwölfjährige Tochter hat mir aber nach dem Unfall erzählt, dass sie die Böller im Nebenhaus gesehen hat." Sie hatte mit ihrer kleineren Schwester öfters bei den Nachbarskindern im Hof gespielt. "Offenbar war sie auch drinnen", meinte der Anrainer am Donnerstag vor Gericht.

Fenster hinausgedrückt

Der Nachbar schilderte, dass durch die Explosion alle Fenster seines Hauses hinausgedrückt wurden, die Rigips-Wände im Dachboden seien zerfetzt worden. Das Dach seines Nebengebäudes wurde ebenfalls zerstört. Der Schaden wurde von der Versicherung gedeckt. Er sei froh, dass zwischen seinem Wohnhaus und dem Nachbaranwesen noch ein Nebengebäude stand, "sonst hätte es wohl unser Haus ganz weggerissen". Andere Anrainer schilderten ebenfalls den Knall, Schäden an ihren Häusern und einen "Feuerball, der 100 Meter hochstieg". Dann seien die "Teile niedergeprasselt". "Ich dachte zuerst an eine Heizungsexplosion. Ich wusste ja nichts von der Böller-Herstellung", sagte einer der Zeugen.

Neben den Nachbarn hat sich Donnerstagfrüh auch der mitangeklagte ehemalige Polizist zu Wort gemeldet: Er änderte seine Aussage und gestand nach seiner leugnenden Verantwortung vom Mittwoch nun doch Falschaussage und Begünstigung: "Ich hatte keine Genehmigung für den Handel mit Pyrotechnik der Kategorie F4, daher habe ich fälschlich gesagt, dass die Böller weiter nach Deutschland gingen." Tatsächlich habe er dem 33-jährigen Hauptangeklagten rund 1.500 Stück abgekauft.

Schuldig im Sinn der Anklage

Am Nachmittag musste auch der 67-jährige Angeklagte, ein Pensionist und Inhaber eines Pyrotechnik-Geschäfts, die Fragen des Schöffengerichts beantworten. "Ich möchte reinen Tisch machen", leitete er seine Befragung ein. Er sei schuldig im Sinne der Anklage. Er hatte rund 8.000 Stück der illegal produzierten Böller einfach mit seinem Privatauto transportiert. "Es tut mir sehr leid, dass ich das gemacht habe." Die Richterin wollte wissen, wie der 24-jährige Mitangeklagte ohne Ausbildung zu einer Bescheinigung des Pensionisten gekommen sei, mit der der junge Mann bei der Bezirkshauptmannschaft seinen Pyrotechnik-Ausweis für Klasse F3 bekommen habe. "Ja, das war ein Fehler. Die Bursche kam mit anderen und meinte, der eine habe einen und der andere auch und deswegen wolle er auch einen haben." Deswegen habe er ihm den Ausdruck für die BH gegeben – ohne jegliche Ausbildung.

Der 67-Jährige gab auch zu, dass er manche der Böller des 33-Jährigen an Kunden verkauft hatte. Darunter waren offenbar auch Jugendliche unter 18 Jahren und ohne Pyrotechnik-Ausweis. Ihnen hätte er die Blitzknallkörper laut Gesetz nicht verkaufen dürfen. Die Burschen warfen sie in einen Müllcontainer, von dem blieb letztlich nichts übrig. "Ja, die Lausbuam", meinte der Beschuldigte. "Sie haben es Ihnen ja verkauft", warf ihm die Richterin vor. Es stimme, dass er ihnen "das Klumpert" verkauft hatte. Deswegen sei ihm auch die F4-Berechtigung entzogen worden.

Kartons mit Gefahrengut

Interessant waren auch die Schilderungen eines Anrainers, der zufällig beim Gassigehen mit seinem Hund ein Lager des 33-jährigen Hauptangeklagten gefunden hatte: "Ich sah in dem offen stehenden, desolaten Gebäude die Kartons mit der Gefahrengutbezeichnung. Als Lkw-Fahrer für Gefahrengut kannte ich diese und rief die Polizei." Da erst zwei Tage zuvor die Explosion war und er wusste, dass das Gebäude der Familie des Angeklagten gehörte, hatte er sofort die Verbindung hergestellt. Geärgert habe ihn aber, dass die alarmierten Beamten die gefährliche Ware bis zum nächsten Tag nicht absicherten und das Haus einfach weiter offen stehen ließen.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt, es wird aber mit hoher Wahrscheinlichkeit noch zu keinem Urteil kommen, da am Donnerstag ein wichtiger Zeuge aus Kärnten nicht erschienen war. Dieser muss neu geladen werden.

Falschaussagen am ersten Prozesstag

Am ersten Prozesstag am Mittwoch hatten sich einige der Beschuldigten wegen Falschaussagen schuldig bekannt, andere gestanden die Mithilfe beim Bau der Böller. Der 33-jährige Hersteller gestand ebenfalls und zwar eine Gemeingefährdung durch seine illegale Produktion, nicht jedoch den Vorsatz. Zwei seiner Abnehmer, ein Vater-Sohn-Gespann mit einem Pyrotechnik-Handel in der Südsteiermark, leugneten von der Produktion in nicht genehmigten Werkstätten gewusst zu haben. (APA, 6.10.2016)