"Heite grob ma Tote aus": Voodoo Jürgens präsentiert am Freitag im Wiener Flex sein Debütalbum "Ansa Woar".

Foto: Heribert Corn

Wien – Wer die letzten Monate irgendwann zwischen Wiener Gürtel und Praterstern den Fuß in ein Szenelokal setzte oder sich auf dem Yppenplatz in aller Ruhe eine Hülse als Sundowner hineintun wollte, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Mann gesehen, Voodoo Jürgens. Er wirkt mit seinem Strizzi-Outfit aus den frühen 1970er-Jahren und dem dazu wie die Faust aufs Auge passenden Vokuhila wie eine jener aus der Zeit gefallenen Figuren aus einem idyllisch-abgerockten Vorstadtleben, die Schauspieler Georg Friedrich gern im aktuellen österreichischen Spaßfilm darstellt.

Wenn Voodoo Jürgens dann die während zahlloser Ziager durch Branntweiner und Tschecherln arg in Mitleidenschaft gezogene Gitarre schrubbt und zupft, fällt noch eine weitere Gemeinsamkeit auf: Dieser Schlurf sudert und raunzt und bitzelt auch wie Georg Friedrich.

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Voodoo Jürgens präsentiert heute sein Debütalbum Ansa Woar im seit Wochen ausverkauften Flex am Donaukanal. Zwar ist sein lokaler Ruf dank intensiver Livearbeit längst so weit gefestigt, dass Lieder wie sein Szenehit Heite grob ma Tote aus oder Faung da nix an dank ihrer schludrigen Vorlagen selbst von Leuten mitgesungen werden können, die nicht singen können. Man nennt das wohl Publikumsnähe.

Das Glück ist ein Vogerl

Mittlerweile allerdings dringt sein Ruf dank eines gemeinsamen Managements mit der befreundeten Band Wanda auch bis nach Deutschland vor. Spätestens seit Georg Danzers und Wolfgang Ambros' Hochzeiten vor 40 Jahren mit den Dialektvorlagen Tschick, Die Kinettn wo i schlof oder Espresso hört man auch dort gern alle heiligen Zeiten wieder, dass man in Wien immer noch freudig Klischees erfüllt, an deren Schaffung die Insassen kräftig mitwerkeln.

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In den rumpelnden, hatscherten, mit Quetsche, Kontrabass und Tschinbumm dargebrachten Liedern geht es nie ganz nüchtern und nie ganz betrunken zu. Wir hören in Tranklerhütten wie den nicht mehr existierenden Cafés Fesch oder Bauchstich blöd gelaufene Geschichten wie jene über des patscherte Lebn des Hansi Orsolics, die Gitti oder die depperten ausstehenden Alimente.

Es fliegen diverse Watschn, es setzt Nussn, Ohrwaschlreiber oder Hausdetschn – und am Ende ist das Glück natürlich ein Vogerl, dem man nur mit Gift oder einem Luftdruckgewehr beikommen kann. Glück nämlich wäre in dieser Welt höchstens ohne die ganzen Gschissenen da draußen zu ertragen. Die sind allerdings in der Übermacht. Wuascht, die Elli soll noch einen Doppelten bringen.

Immer hart an der Grenze (und dann auch mittendrin) zum hiesigen Kabarett arbeitend, liegt mit Ansa Woar das heuer meistbeachtete heimische Album vor: "Sie wern lochn, owa i kennt rean." (Christian Schachinger, 7.10.2016)