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Der Republikaner sah sich wegen der aufgetauchten Videoaufnahme zu einer Entschuldigung bei seinen Landsleuten genötigt. "Ich habe es gesagt. Es war falsch. Ich entschuldige mich", sagte Donald Trump.

Foto: Reuters

Washington – Donald Trump will sich nicht aus dem US-Präsidentschaftswahlkampf zurückziehen. Es gebe "Null Chancen, dass ich aufgebe", erklärte er am Samstag gegenüber dem "Wall Street Journal". Die Unterstützung, die er erhalte, sei "unglaublich".

Trump äußerte sich, nachdem am Freitag ein Video aus dem Jahr 2005 aufgetaucht war, in der sich der republikanische Präsidentschaftskandidat in sexistischer und herabwürdigender Weise über Frauen geäußert hatte. Das Video hatte zahlreiche empörte Reaktionen, auch aus den Reihen der Republikanischen Partei zur Folge. Einige republikanische Politiker forderten Trump auf, seine Kandidatur zurückziehen. Dutzende Republikaner entzogen ihm die Unterstützung, darunter Senator John McCain und Ex-Außenministerin Condoleezza Rice.

Der Immobilienunternehmer reagierte am Samstag mit einem offensichtlich ironisch gemeinten Tweet, in dem es hieß: "Das waren sicherlich interessante 24 Stunden", berichtete das Magazin "Politico".

Der republikanische Vizepräsidentschaftskandidat Mike Pence hat mit Empörung auf die Äußerungen Trumps reagiert. "Als Ehemann und Vater war ich empört ("offended") über die Worte und von Donald Trump beschriebenen Handlungen", erklärte Pence am Samstag. "Ich billige seine Äußerungen nicht und kann sie nicht verteidigen."

Das TV-Duell mit der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton am Sonntagabend (derStandard.at tickert live) sei eine Gelegenheit "zu zeigen, wie es in seinem Herzen aussieht", erklärte Pence. Der erzkonservative Gouverneur des Bundesstaats Indiana ist ein evangelikaler Christ, der beispielsweise gegen die Homo-Ehe und das Recht auf Abtreibung eintritt.

Melania Trump hat ihren Mann kritisiert. "Die Worte, die mein Mann benutzt hat, sind inakzeptabel und beleidigend für mich. Dies spiegelt nicht den Mann wider, den ich kenne. Er hat das Herz und Gemüt einer Führungsperson", hieß es in einer am Samstag veröffentlichten schriftlichen Erklärung. Sie hoffe, "dass Leute seine Entschuldigung annehmen, wie ich es getan habe", fügte sie hinzu.

Zuvor hatte sich Trump für seine 2005 gemachten Äußerungen entschuldigt und versprochen, er werde "morgen ein besserer Mensch" sein. Zugleich prangerte er die Seitensprünge des früheren US-Präsidenten Bill Clinton an.

Das Video, das von der Washington Post veröffentlicht wurde.

Wegen vulgärer Äußerungen über Frauen sah sich der Republikaner zu einer Entschuldigung bei seinen Landsleuten genötigt. "Ich habe es gesagt. Es war falsch. Ich entschuldige mich", sagte Trump am Samstag in einer aufgezeichneten Botschaft.

"Jeder der mich kennt, weiß, dass diese Worte nicht wiedergeben, wer ich bin", fuhr er fort und bekräftigte seine Entschuldigung. Diese wurde von seiner Wahlkampfzentrale in der Nacht zum Samstag öffentlich gemacht.

Die Entschuldigungs-Rede von Donald Trump.
Associated Press

Gleichzeitig aber ging der Kandidat der Republikaner zur Gegenattacke auf seine Rivalin Hillary Clinton und ihren Mann, Ex-Präsident Bill Clinton, über. "Ich habe einige dumme Sachen gesagt, aber es gibt einen großen Unterschied zwischen den Worten und Taten anderer Leute", sagte Trump. So habe Bill Clinton Frauen "tatsächlich missbraucht", und seine Frau habe die Opfer "eingeschüchtert, attackiert und blamiert".

Er werde über das Thema während des Wahlkampfs weiter sprechen, kündigte Trump an und fügte hinzu: "Wir sehen uns bei der Debatte am Sonntag". Am Sonntag haben er und Clinton ihr zweites Fernsehduell, aus dem ersten ging seine Rivalin nach allgemeiner Einschätzung als Siegerin hervor.

"Es gibt kein Rennen mehr"

Das nun veröffentlichte Video drängt Trump noch weiter in die Defensive. Das vor über zehn Jahren aufgenommene Video mit anzüglichen und abwertenden Äußerungen von Trump über Frauen schlug in den USA hohe Wellen.

Hillary Clinton selbst nannte Trumps damalige Bemerkungen "schrecklich" und appellierte an die Wählerschaft: "Wir dürfen es nicht zulassen, dass dieser Mann Präsident wird."

Auch führende Politiker der Republikaner, zu deren wichtigster Ziel- und Wählergruppe strenggläubige Christen zählen, distanzierten sich von dem 70-Jährigen. Ein für Samstag geplanter gemeinsamer Auftritt mit dem mächtigen Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses, Paul Ryan, wurde abgeblasen.

Mehrere Republikaner entzogen Trump die Unterstützung, etwa der republikanische Gouverneur des Bundesstaates Utah, Gary Herbert, Senator John McCain und Ex-Außenministerin Condoleezza Rice. Der Senator Mike Lee (Utah) und der Abgeordnete Mike Coffman (Colorado) forderten Trump zum Rücktritt auf. Lee sagte, Trump lenke mit seinem Verhalten vom Ziel ab, Hillary Clinton zu besiegen. Aus diesem Grund müsse er zurücktreten.

US-Medien sprachen von einer "Bombenexplosion" im Wahlkampf, von der sich Trump möglicherweise nicht mehr erholen könne. Der Kommentator Bob Beckel erklärte auf CNN: "Dieser Wahlkampf ist vorüber. Es gibt kein Rennen um die Präsidentschaft mehr." Noch am Samstag würden mächtige Parteispender Trump den Geldhahn zudrehen.

"Like a bitch"

Der am Freitag von der "Washington Post" veröffentlichte Stein des Anstoßes stammt aus dem Jahr 2005: In dem Video ist zu hören, wie der damals bereits mit seiner jetzigen Frau Melania verheiratete Trump in drastischen Worten seinen Versuch beschreibt, eine andere Frau zu verführen.

"Ich habe mich an sie rangemacht, bin aber gescheitert", sagt er. Er habe versucht, "sie zu ficken. Sie war verheiratet." Er habe sich hemmungslos ("like a bitch") an sie rangemacht, aber ohne Erfolg. Inzwischen habe die – nicht näher identifizierte – Frau "ihr Aussehen total verändert". Trumps Beschreibung: "Sie hat jetzt große künstliche Titten und alles." Der Immobilienmogul fährt dann fort, dass er sich "automatisch" zu schönen Frauen hingezogen fühle. "Ich fange einfach an, sie zu küssen (...). Ich warte nicht einmal. Und wenn du ein Star bist, dann lassen sie es zu. Du kannst alles machen." Er könne sogar Frauen zwischen die Beinen grapschen (und sie ließen es geschehen).

Schlimmere Worte

Zu hören sind in dem Video Auszüge eines während einer Busfahrt geführten Privatgesprächs Trumps mit dem damaligen Moderator der Infotainment-Fernsehsendung "Access Hollywood", Billy Bush.

In seiner schriftlichen Erklärung sprach Trump am Freitag von Bemerkungen, wie sie Männer in Umkleideräumen machen würden. Ex-Präsident Bill Clinton, der Ehemann seiner demokratischen Rivalin Hillary Clinton, habe bei gemeinsamen Ausflügen mit ihm auf dem Golfplatz weit schlimmere Worte fallen lassen.

Kritik aus den eigenen Reihen

Auch führende Republikaner verurteilten die Äußerungen Trumps scharf. Sie erzeugten bei ihm Übelkeit, erklärte Abgeordnetenhaus-Chef Paul Ryan laut der "Washington Post". "Ich hoffe, dass Herr Trump die Situation mit dem Ernst behandelt, die sie erfordert, und dass er daran arbeitet, dem Land zu demonstrieren, dass er größeren Respekt für Frauen hat als es dieser (Video-)Clip zeigt."

Ryan teilte weiter mit, dass Trump nicht wie geplant bei einem Festival in seinem – Ryans – Wahlbezirk in Wisconsin auftreten werde. Wie Trump selbst später wissen ließ, wird stattdessen sein Vizekandidat Mike Pence kommen.

Der republikanische Parteivorsitzende Reince Priebus erklärte: "Keine Frau sollte jemals mit solchen Begriffen beschrieben werden, niemand sollte auf diese Art und Weise über sie reden. Niemals."

Der texanische Senator Ted Cruz, der sich erst im vergangenen Monat hinter Trump gestellt hatte, nannte die Äußerungen des Kandidaten "beunruhigend und unangemessen, es gibt schlicht keine Entschuldigung dafür".

Auch Floridas Senator Marco Rubio bewertete Trumps Bemerkungen als "vulgär und unmöglich zu rechtfertigen".

Der republikanische US-Senator Mike Lee hat Trump am Freitagabend (Ortszeit) zum "Rückzug" aufgefordert. Die Republikaner sollen stattdessen einen neuen Kandidaten für die Wahl am 8. November aufstellen, sagte Lee laut US-Medien. In einem auf Facebook ausgestrahlten Video sagt Lee: "Sie selbst, Herr Trump, haben mehrmals gesagt, dass es ihr Ziel ist, Hillary Clinton im November zu besiegen. Ganz meine Meinung. Herr Trump, ich fordere Sie bei allem gebotenen Respekt auf, zurückzutreten. Treten Sie zurück. Erlauben Sie jemand anderem, Bannerträger unserer Prinzipien zu sein."

Heftig attackiert wurde Trump vom Fraktionschef der Demokraten im US-Senat. Harry Reid, bezeichnete Trump als "Soziopathen" und "Abartigen". Reid rief die Republikaner am Freitagabend (Ortszeit) auf, Trump ihre Unterstützung zu entziehen. "Das ist ein Moment der Wahrheit für die Republikaner."

Nächste TV-Debatte

Clinton und Trump treffen am Sonntagabend (Ortszeit) in St. Louis zu ihrer zweiten Fernsehdebatte zusammen. Die erste Ende September hatte die Demokratin nach unabhängigen Einschätzungen klar gewonnen. Danach legte sie in Umfragen zu und erhöhte damit den Druck auf Trump, im zweiten TV-Duell gut abzuschneiden. Danach gibt es nur noch eine letzte Fernsehdebatte, bevor am 8. November gewählt wird.

Umfragen zeigten Trump schon vor der Veröffentlichung des Videos auf dem absteigenden Ast. Schon seit der ersten Fernseh-Debatte ging es für Clinton deutlich aufwärts, wie der US-Wahlforscher und Statistiker Nate Silver berichtet:

(APA, dpa, red, 08.10.2016)