"Museum auch als Medienunternehmen": Kulturminister Thomas Drozda (re.) stellte Stella Rollig und Wolfgang Bergmann als Doppelspitze für die Österreichische Galerie Belvedere vor.

Foto: Matthias Cremer

Stella Rollig, bisher Leiterin des Lentos, nun künstlerische Leiterin des Belvedere.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

86 Personen hatten sich für die künstlerische und kaufmännische Leitung des Belvedere beworben.

Foto: APA/Techt

Wien – In Personalfragen hat die Republik derzeit ein wenig Sand im Getriebe. Neben der Wahl des Bundespräsidenten geriet im Jahr 2016 auch die Kür eines anderen Spitzenjobs auf Bundesebene zur unendlichen Geschichte. Die Bestellung einer neuen Doppelspitze für das Belvedere beschäftigte zwei Kulturminister und als Nebenschauplatz mittlerweile die Staatsanwälte. Für die Zukunft der Österreichischen Galerie ist nun aber eine Lösung gefunden.

Mit den Worten "Habemus Belvedere-Direktion" beendete Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) das gut zweimonatige Konklave und präsentierte die neue Leitung, die der scheidenden Direktorin Agnes Husslein-Arco und Interims-Kaufmann Dieter Bogner nachfolgen wird: Stella Rollig (56) übernimmt die wissenschaftliche Leitung und wechselt vom Linzer Lentos an ihren Geburtsort Wien zurück. Bei der kaufmännischen Direktion fiel die Wahl auf den Standard-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann (53).

Die Vorgeschichte der nun gefällten Entscheidung ist verworren: Schon im Februar ließ der damalige Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) die in allen Bundesmuseen zu etablierende Doppelspitze öffentlich ausschreiben.

Direktorin Agnes Husslein-Arco, seit 2007 im Belvedere, bewarb sich um weitere fünf Jahre. Ihre damalige Prokuristin, Ulrike Gruber-Mikulcik, rechnete sich Chancen auf die neu geschaffene kaufmännische Leitung aus. Im Mai kam die Regierungsumbildung dazwischen, der Faymann-Vertraute Josef Ostermayer musste Thomas Drozda Platz machen.

Fallstrick Compliance

Dem Vernehmen nach hätte dieser Agnes Husslein verlängern, nicht aber Ulrike Mikulcik, sondern den Schweizer Stefan Charles zum kaufmännischen Direktor berufen wollen. Als Drozda die Entscheidung dem Belvedere intern mitteilte, erhob Prokuristin Gruber-Mikulcik schwere Vorwürfe gegen Husslein, wonach diese jahrelang gegen hausinterne Compliance-Regeln verstoßen habe. Zum Großteil ging es um unzulässige Spesenabrechnungen.

Das Belvedere-Kuratorium um den Vorsitzenden Hans Wehsely reagierte ungelenk. Eine Sonderuntersuchung der Wirtschaftsprüfer BDO sollte Licht ins Dunkel bringen. Für Wehsely wurde sie wegen der auf 130.000 Euro explodierten Kosten zum Fallstrick. Er trat zurück, und Drozda ließ das gesamte Kuratorium neu aufstellen.

Der Schaden durch Hussleins Verstöße wurde auf mindestens 13.000 Euro geschätzt. Die Direktorin gestand und beglich die Summe. Drozda aber nahm sich noch einmal Bedenkzeit, entschied sich letztlich für eine komplette Neuausschreibung der Doppelspitze. Agnes Hussleins Verlängerung war damit vom Tisch. Auch Stefan Charles sprang ab und trat mittlerweile einen Job beim Schweizer Rundfunk SRF an. Prokuristin Gruber-Mikulic wurde entlassen, in der von ihr eingebrachten Strafanzeige gegen Husslein ermittelt derzeit die Wiener Staatsanwaltschaft.

Bei der Neuausschreibung beworben hatten sich nun insgesamt 86 Personen, 51 aus Österreich, 35 aus dem Ausland – in dem Duo Stella Rollig und Wolfgang Bergmann sehen Beobachter eine Überraschung, waren zuletzt doch vor allem Kandidaten aus dem Ausland gehandelt worden.

Stella Rollig will die unterschiedlichen Profile der zum Belvedere gehörenden Ausstellungsorte schärfen. Nicht mehr dazugehören könnte ab 2018 das Winterpalais. Finanzminister Schelling (ÖVP) pochte in den Budgetverhandlungen mit Drozda auf eine Rückführung des Palais in die Obhut seines Ressorts. Im Gegenzug stimmte er einer Erhöhung des Kulturbudgets zu. Drozda versicherte, sich weiterhin für eine kulturelle Nutzung einzusetzen.

Wolfgang Bergmann, der bekundete, dass es mit Rollig schon beim "ersten Date gefunkt" habe, will das "Museum auch als Medienunternehmen" führen und beim Onlineangebot weiter ausbauen. Der ohnehin hohe Eigenfinanzierungsanteil soll weiter gesteigert werden. Im Fokus auch: bessere Zusammenarbeit mit anderen Museen und eine Stärkung des Standorts Wien insgesamt.

Beim Gehalt müssen die Direktoren allerdings Abstriche machen. Drozda deckelte die im internationalen Vergleich immer noch an der Spitze liegenden Bezüge mit 200.000 bzw. 150.000 Euro. Agnes Husslein hatte zuletzt 260.000 Euro verdient. (Stefan Weiss, 17.10.2016)