Wien – Die EU hat von 2004 bis 2015 insgesamt 158,5 Millionen Euro für Anti-Menschenhandels-Projekte ausgegeben. Das geht aus einem Bericht hervor, den die EU kurz vor dem Tag gegen Menschenhandel am Montag veröffentlichte. Mit der finanziellen Hilfe wurden 321 Projekte in mehr als 100 Ländern gefördert.

Etwas mehr als die Hälfte der fast 160 Millionen Euro erhielten NGOs, zwei Drittel der Summe wurde für Projekte und Maßnahmen in den EU-Staaten ausgegeben. Die EU ist im internationalen Vergleich der größte Geber. "Wir haben viele Erfolge erzielt, es bleibt aber noch eine Menge zu tun", sagte die EU-Koordinatorin gegen Menschenhandel, Myria Vassiliadou, am Montag.

Astronomische Profite

Menschenhandel tritt in vielen Varianten auf, allerdings nicht unbedingt in Erscheinung: Zwangsprostitution, Ausbeutung der Arbeitskraft, erzwungene Bettelei und Organhandel gehören dazu. Schätzungsweise 80 Prozent der Opfer sind Frauen und Mädchen. Die Profite erreichten astronomische Höhen, sagte die EU-Koordinatorin.

Ein Zweck des Tags gegen Menschenhandel ist die Förderung des Problembewusstseins – und das müsse noch verbessert werden, so Vassiliadou. Jeder Mensch könnte in seiner Umgebung Opfer sehen, ohne sich dessen bewusst zu sein: Arbeiter, die zu Niedrigstlöhnen auf dem Bau oder in der Landwirtschaft schuften müssen, oder Pflegekräfte, die mit falschen Versprechungen in ein anderes Land gelockt wurden und sich gezwungen sehen, die Reisekosten abzuzahlen, wie Elisabeth Tichy vom Außenministerium als Beispiele anführte. Sehr schwierig ist es, an die Hinterleute dieser Form der organisierten Kriminalität heranzukommen, welche die Profite einstreichen. Im Fokus der EU steht auch die Bekämpfung der Kriminalität.

Regierungen in Verantwortung nehmen

Der Menschenhandel hat von der internationalen Flüchtlingskrise profitiert. So wurde ein besorgniserregend Anstieg bei der Zahl von Frauen und Mädchen aus Nigeria registriert, die Libyen verlassen haben. 4.371 waren es in den ersten neun Monaten 2015 nach 1.008 im Jahr zuvor. 80 Prozent von ihnen wurden nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration Opfer von Menschenhändlern.

"Die Identifizierung der Opfer bei der Ankunft in Europa muss verbessert werden", sagte Vassiliadou. Denn für jedes Opfer von Menschenhandel, dem erst nach Jahren geholfen werde, komme die Unterstützung zu spät. Die Verantwortung liege nicht beim Opfer, sondern bei den Regierungen. (APA, 17.10.2016)