Durch Entspannungstherapie können schmerzhemmende Strukturen im Gehirn aktiviert werden.

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Bei mehr als einem Drittel aller Migräne-Patienten könnten neben Medikamenten auch nicht-medikamentöse Therapien lindernd wirken. Vor allem progressive Muskelentspannung (PMR), kognitive Verhaltenstherapie, Ausdauersport und Biofeedback-Verfahren helfen den Patienten, so eine neue Leitlinie.

Heftige pulsierende Kopfschmerzen sind nur ein Symptom von Migräne. Hinzu kommen oft Übelkeit, Erbrechen, Lärm- oder Lichtüberempfindlichkeit. "Wir wissen, dass viele unserer Patienten nicht nur auf Medikamente zurückgreifen möchten", sagt Stefanie Förderreuther, Präsidentin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. (DMKG).

Charly Gaul, Generalsekretär der DMKG und Mitglied des Autorenteams der neuen Leilinie, erläutert: "Schon wenn wir die Patienten beraten und über die Erkrankung aufklären, kommt es zu einer klinisch messbaren Kopfschmerzreduktion." Entspannungsverfahren wie beispielsweise die in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte Progressive Muskelrelaxation (PMR) wirken besonders gut. "Die PMR ist zudem gut zu erlernen und kann ohne Aufwand angewandt werden", erklärt Gaul. Bei der PMR wird der Patient selbst aktiv, indem er Muskelgruppen gezielt an- und wieder entspannt. Förderreuther ergänzt: "Diese Technik lässt sich gut in den Alltag integrieren. Wer sie regelmäßig anwendet, beeinflusst die zentrale Schmerzverarbeitung und aktiviert schmerzhemmende Strukturen im Gehirn." Die Zahl der Migräneattacken könne so um 35 bis 45 Prozent reduziert werden, so die Expertin.

Sport gegen Migräne

Beim Thema Sport ist die Studienlage nicht ganz eindeutig. Dennoch gibt die erste Leitlinie zu "Entspannungsverfahren und verhaltenstherapeutischen Interventionen zur Behandlung der Migräne" grünes Licht für Ausdauersport als begleitende Therapie. Sport und Bewegung haben offenbar einen Effekt auf die Schmerzintensität und – das legen neuere Studien nahe – ebenfalls auf die Anzahl und die Dauer der Anfälle.

Gut belegt ist auch, dass Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) wirkt. Diese geht davon aus, dass jeder Mensch über seine Gedanken sein Erleben und Verhalten beeinflussen kann. Dazu gehört auch, eine reale Belastung, die als Stress wahrgenommen wird, positiv umzudeuten. Dafür hinterfragt die betreffende Person beispielsweise überzogene Ansprüche an die eigene Leistung und lernt, Signale des Körpers zu erkennen, die eine Belastungssituation ankündigen.

Trotz dieser wichtigen Erkenntnisse zu diesen ergänzenden Verfahren, sollte eine Migräne ärztlich behandelt werden, betonen die Experten. Gemeinsam mit einem Kopfschmerzexperten sollte der Patient die für ihn individuell passende Kombination aus vorbeugenden Medikamenten und der geeigneten Entspannungstechnik oder einem verhaltenstherapeutischen Verfahren aussuchen. (idw, 17.10.2016)