Wien/Burgenland – Dieser Wagen hat ja wirklich fast alles, was man sich als vernünftiger Mensch an einem Auto nicht wünscht. Es gibt so gut wie keinen Stauraum. Handschuhfach Fehlanzeige, in den Kofferraum passen gerade einmal eine Sporttasche und ein Restaurantführer. Hinten sitzen ist nicht, und schon vorne ist das Ein- und Aussteigen nur ein Fingerzeig auf das eigene Alter. Da kann man richtig stolz sein, wenn die Hände nicht den Asphalt berühren.

Foto: Guido Gluschitsch

Auf der anderen Seite hat dieser Wagen aber wirklich alles, was sich ein Autonarr von einem Fahrzeug wünscht. Da sind der Hinterradantrieb, die knackige manuelle Schaltung und ein schön straffes Fahrwerk.

Dann ist der Roadster auch noch sehr leicht – lediglich 1050 Kilogramm drückt er auf die Waage -, das heißt, er ist mit dem 140 PS starken Turbobenziner mehr als ausreichend motorisiert. Und zu guter Letzt ist er einfach nur atemberaubend schön.

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Gut, in der Regel kann man über Schönheit streiten. Beim Fiat 124 Spider aber nicht. Wen dieser Wagen anspricht, auch wenn er ihm nicht gefällt, der greift ganz einfach zum Mazda MX-5. Denn im Großen und Ganzen sind die beiden Roadster baugleich – die größten Unterschiede sind das Design und die Motoren.

Beim Design gehen die beiden Hersteller ganz unterschiedliche Wege. Der Mazda ist martialisch gezeichnet, der Fiat ganz stilsicher mit Retroeinflüssen. Beim 500er haben die Italiener ja schon erfolgreich bewiesen, wie man alte Formen in neues Blech presst.

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Bei den Motoren könnten die Unterschiede auch nicht anders sein. Während Mazda auf Saugmotoren setzt, baut Fiat einen kleinen Turbobenziner mit 140 PS Leistung ein. Und das Aggregat macht seine Arbeit hervorragend, ist spritzig und drehfreudig. Zudem klingt der Spider richtig gut.

Das größte Manko des Fiat kennen wir auch vom Mazda – dass das Lenkrad nur in der Höhe verstellbar ist.

Foto: Guido Gluschitsch

So sitzen großgewachsene Menschen immer ein bisserl komisch in dem eh schon nicht sehr hohen Wagen. Und es ist nicht so, dass man sich im vorgerückten Alter darüber freut, wenn man noch Haare hat, die dann am geschlossenen Stoffverdeck reiben können. Ganz im Gegenteil, man hat ständig die Angst vor dem Verlust der letzten paar Grandln.

Das Stoffverdeck ist einer der ganz großen Vorzüge dieses Wagens. Mit einer Hand ist der Deckel in zwei, drei Sekunden offen oder wieder geschlossen. Keine Elektronik, keine filigrane Mechanik, einfach ein Stoffverdeck.

Foto: Guido Gluschitsch

Gut, es ist ein wenig laut im Spider, aber das ist wohl weniger ein Bug als vielmehr ein Feature.

Gerade das komplett unverfälschte Roadster-Feeling macht seit jeher den Erfolg des MX-5 aus. Und Fiat tat gut daran, auf diesen Wagen zurückzugreifen, um seinen 124er darauf aufzubauen. Denn nicht zuletzt aus dem beachtlichen MX-5-Starterfeld bei der Drift-Challenge wissen wir, dass sich dieser Wagen nicht nur in der Sonne, sondern auch auf nassem Asphalt richtig wohlfühlt.

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Zum perfekten Driftauto fehlt dem Fiat eigentlich nur eine Differentialsperre – Leistung, Lenkung und Fahrwerk passen gut. Die Optik auch. Vorm Eissalon genauso wie auf dem Siegespodest. Apropos Preis: Der ist beim 124er Spider so gut, dass sogar vernünftige Menschen zweimal schauen. (Guido Gluschitsch, 24.10.2016)

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ZWEITE MEINUNG

Klein, hart, laut – aber sehr fesch. Und der Fiat Spider bietet jede Menge Fahrvergnügen. Platz ist tatsächlich nicht viel vorhanden, zum Einsteigen braucht man einen Schuhlöffel. Dann aber umschließt einen das Auto, und das Fehlen eines jeden Schnickschnacks lässt die Konzentration auf das Wesentliche zu: auf das Fahren. Wenn's ein bisschen wärmer wird, gerne auch wieder offen. Der Spider ist extrem direkt, was alle Sinne schärft. Und so viel schön. Für einen wirklich günstigen Preis bekommt man ein wirklich aufregendes Auto. (Michael Völker)