Mikaela Shiffrin hat im Slalom einmal Olympia- und zweimal WM-Gold gewonnen.

APA/Hans Klaus Techt

Vielleicht ein letztes Mal hat Tina Maze Mikaela Shiffrin in den Schatten gestellt. Maze (33), Doppelolympiasiegerin, 2013 Gesamtweltcupsiegerin mit Punkterekord (2414), erklärte vor dem Auftakt der Skisaison in Sölden ihren Rücktritt. Nur noch eine Abschiedsvorstellung – Anfang Jänner in Maribor – will sie geben.

Der Andrang beim Pressetermin der Slowenin war groß, weit größer als jener beim Auftritt der US-Amerikanerin Shiffrin, die davor im selben Hotel Rede und Antwort gestanden war. Beide haben viel gewonnen in ihrer Karriere, und doch steht Shiffrin noch immer am Anfang. Die 21-Jährige hat viel vor. Olympia- und zweimal WM-Gold hat sie schon. 20 Weltcuprennen, nur um sechs weniger als Maze, hat sie gewonnen. Was nun? Die große Kugel? "Das ist ein riesiger Traum", sagt sie.

Star mit Respekt

Shiffrin, im rot-grau-karierten Hemd, sitzt vor einem Kamin, auf einem Podest, rundherum auch nicht wenige Medienvertreter. Pressetermine absolviert sie ebenso professionell wie Skirennen. "Übrigens, danke Leute, fürs Kommen." Die Medien hätten sie bisher stets gut behandelt. "Ich schulde euch Respekt."

Dreimal hat Shiffrin den Slalomweltcup gewonnen, 19 ihrer Weltcupsiege holte sie im Slalom. Zwei bis drei Sekunden Vorsprung waren keine Seltenheit. In der Vorsaison gewann sie die kleine Kugel nur nicht, weil sie sich im Dezember am Knie verletzte und deshalb zweieinhalb Monate aussetzen musste. "Ich bin zu 100 Prozent fit, ich fühle mich stark", sagt Shiffrin. Stark genug für den Gesamtweltcup? "In dieser Saison ist es erstmals wirklich möglich."

Mehr Speed trainiert

In den Traum von der großen Kugel hat Shiffrin investiert. Sie hat mehr Riesentorlauf, mehr Super-G, mehr Abfahrt trainiert, zudem viel Zeit in der Kraftkammer verbracht. Die Slalomeinheiten hat sie im Vergleich zu den Jahren davor reduziert. "Ich habe ein gutes Gefühl im Slalom. Ich hoffe, dass ich in den technischen Disziplinen gut genug bin."

Schon in der Vorsaison tastete sich Shiffrin an die schnellen Disziplinen heran. In den Super-Gs von Lake Louise und Soldeu belegte sie die Plätze 15 und 29. Eine Weltcupabfahrt hat sie bislang nicht bestritten. In diesem Winter soll, könnte es besser laufen. Sie will jedenfalls die beiden Abfahrten und den Super-G in Lake Louise Anfang Dezember bestreiten. "Danach werde ich entscheiden, welche Rennen ich noch fahre. Es könnte auch sein, dass ich in der Mitte der Saison einen Schritt zurück mache."

Gute Erinnerungen an Sölden

Derweil ist Shiffrin optimistisch. Auch für den Riesentorlauf am Samstag in Sölden. Sie freut sich, dass der Winter beginnt. Und an Sölden hat sie gute Erinnerungen. Vor zwei Jahren holte sie ihren ersten und bislang einzigen Sieg in dieser Disziplin – ex aequo mit der diesmal absenten Anna Veith (damals noch Fenninger). "Ich hatte ein paar gute Rennen hier, es gibt mir Hoffnung, dass ich gut abschneiden kann."

Beobachter behaupten, Shiffrin sei im Riesentorlauftraining ziemlich schnell gewesen. Shiffrin: "Ich habe mich sehr verbessert. Aber ich glaube, die anderen sind auch nicht stehen geblieben." Am Renntag, sagt sie, könne alles passieren. Freilich auch in der Saison, die in der Weltmeisterschaft in St. Moritz im Februar ihren Höhepunkt hat. Und im Weltcupfinale im März in Aspen. Vielleicht kann Shiffrin dort erstmals die große Kristallkugel entgegennehmen, so wie Lara Gut, Anna Veith, Lindsey Vonn oder Tina Maze vor ihr. Vielleicht auch nicht. "Viele Mädchen haben den Traum von der großen Kugel." (21.10.2016, Birgit Riezinger aus Sölden)