Ausgezeichnet für ihren Beitrag zum Friedensgedanken: Carolin Emcke.

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Der Tag, an dem bekanntgegeben wurde, dass Carolin Emcke den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält, war auch der Tag, als das Votum feststand, dass die Mehrheit der Briten nicht länger Teil der Europäischen Union sein will. Zufall, aber anmerkenswert, weil Emcke eine glühende Verfechterin Europas ist.

Wie sollte die 1967 in Mülheim an der Ruhr geborene Journalistin auch anders, wo sie doch so viele Kriegs- und Krisengebiete der Welt aus erster Hand kennt, etwa Afghanistan, Pakistan, den Irak, den Kosovo und den Gazastreifen.

Bekannt geworden ist sie mit ihren Essays und Berichten im "Spiegel" und in der "Zeit". In der "Süddeutschen" füllt Emcke seit zwei Jahren eine wöchentliche Kolumne zu aktuellen politischen Themen wie Rassismus und Polarisierung. Zudem Bücher: Als "Von den Kriegen – Briefe an meine Freunde" veröffentlichte sie 2004 das erste, eine Handvoll ist seither dazugekommen. Erst vor wenigen Tagen der Essay "Gegen den Hass".

Mit der "sehr persönlichen und ungeschützten Weise", mit der die 48-Jährige beschreibe, "wie Gewalt, Hass und Sprachlosigkeit Menschen verändern können", begründete der für die Vergabe zuständige Stiftungsrat nebst anderem Lob seine Preisentscheidung.

Offen ist aber auch der 2012 erschienene Essay "Wie wir begehren", in dem sich die Wahlberlinerin analytisch-empathisch mit ihrem Lesbischsein auseinandersetzt. "Ich bin auch homosexuell, weil es mich glücklich macht, weil sich meine Lust und mein Leben richtig anfühlen", schreibt sie.

Studiert hat Emcke Philosophie, Politik und Geschichte in London, Frankfurt und Harvard, nach ihrer Dissertation über "Kollektive Identitäten" im Jahr 2000 kehrte sie 2003 bis 2004 als Visiting Lecturer in die Vereinigten Staaten zurück und lehrte an der Yale University über Theorien der Gewalt und Zeugenschaft von Kriegsverbrechen. An der Berliner Schaubühne kuratiert und moderiert sie zudem seit 2004 die Diskussionsreihe "Streitraum".

Für ihre Arbeit – "Vorbild für gesellschaftliches Handeln", "Beitrag zum gesellschaftlichen Dialog" – erhält Emcke am Sonntag zum Abschluss der Buchmesse in der Frankfurter Paulskirche den mit 25.000 Euro dotierten Friedenspreis. Es ist nicht ihr erster Preis von Bedeutung, sie ist aber erst die achte Frau in der Liste der Ausgezeichneten, vor allem Künstler und Wissenschafter, seit 1950. "Noch zwei Tage, um das Lampenfieber loszuwerden", twitterte Emcke am Freitag. (Michael Wurmitzer, 21.10.2016)