Marcel Köchl macht eine Lehre zum Goldschmied.

Foto: Kleinlercher

In der Werkstatt der Goldschmiede Norz in Innsbruck sitzt Marcel Köchl an seiner Werkbank und poliert Ohrringe aus Gelbgold. Am liebsten arbeite er mit Gelb- und Weißgold, sagt Köchl, weil es sehr gut zu verarbeiten sei und ihm am besten gefalle. Die größte Herausforderung für den Lehrling war bisher eine Serie aus Ringen, denn das Fassen der Steine sei sehr schwierig: "Man muss sehr hart daran arbeiten, um das wirklich gut zu können."

Vielseitige Aufgabenpalette

Dreieinhalb Jahre dauert die Ausbildung zum Gold- und Silberschmied und Juwelier, wie die exakte Berufsbezeichnung lautet. Nach eigenen oder vorgegebenen Entwürfen stellen die Lehrlinge Schmuckstücke und Schmuckgegenstände aus Edelmetallen wie Gold und Silber, künstlich erzeugten Schmucksteinen und sonstigen Materialien wie Perlen oder Korallen selbst her. Neben dem Gestalten und Ausarbeiten von Entwürfen und der Anfertigung von Skizzen gehört auch das Reparieren oder Umarbeiten von Schmuck dazu.

Handwerk und Naturwissenschaft

Als eine der zentralen Kompetenzen, die man in den Beruf mitbringen sollte, bezeichnet Goldschmied Christoph Norz die handwerklichen Fähigkeiten. "Man muss Sachen richtig anfassen, was handwerkliches Geschick verlangt." Auch über viel naturwissenschaftliches Wissen solle man laut Norz verfügen, vor allem in den Bereichen Physik und Chemie. "Hinzu kommen eine kreative Ader und ästhetisches Gefühl." Es gehe nicht nur darum ein technisch perfektes Schmuckstück anzufertigen, es müsse natürlich auch dem Kunden gefallen, betont der Goldschmied. Letztlich seien auch Geduld und Durchhaltevermögen entscheidend. "Ein Entwurf lässt sich sehr häufig aufs erste nicht genau so umsetzen, wie man sich das vorstellt. Man muss ein wenig ausprobieren, adaptieren und gegebenenfalls ändern."

Im Tiroler Betrieb von Norz in Innsbruck hatte Köchl die Möglichkeit, durch ein "Schnuppern" erste Arbeitstechniken und Bestandteile des Berufs als Goldschmied kennenzulernen. Nun sitzt er im mittlerweile dritten Lehrjahr an der Werkbank. Dass man aus einem Stück Metall durch verschiedene Arbeitstechniken verschiedene Schmuckstücke herstellen könne, findet der 17-Jährige faszinierend.

Nachfrage übersteigt Angebot

Dass der Lehrling die Lehrstelle bekommen habe, sei Zufall und auch ein wenig Glück gewesen, denn es habe sehr viel Konkurrenz gegeben, sagt Köchl. Pro Monat erhält Norz etwa zwei bis drei Initiativbewerbungen. Doch die Anzahl der möglichen Lehrstellen würden immer weniger, sagt er. Norz führt das darauf zurück, dass es immer weniger Betriebe gibt, die das klassische Handwerk des Goldschmiedes betreiben und selbst Schmuckstücke herstellen.

Für viele sei das reine Schmuckhandeln attraktiver als eigene Kollektionen zu entwerfen und herzustellen. "Außerdem reicht es nicht mehr, nur klassischer Handwerker zu sein. Daneben muss man auch Künstler, Designer und natürlich auch Geschäftsmann sein, um Kunden zu lukrieren und zu überleben", sagt der Unternehmer.

Auch der Leiter der Wiener Innung der Kunsthandwerke und stellvertretender Bundesinnungsmeister bei der Wirtschaftskammer, Wolfgang Hufnagl, selbst Gold- und Silberschmied, betont, dass es sehr viele Einpersonenunternehmen im Bereich der Goldschmiede gebe. Das mache es wahnsinnig schwierig, einen Lehrbetrieb aufrechtzuerhalten. "Logistisch gesehen ist es ja so, dass man einen Lehrling ab etwa drei Mitarbeitern sehr gut in den Lehrbetrieb integrieren kann. In einem Einpersonenunternehmen ist es aber so, dass der wirtschaftliche Druck so groß ist, dass man nur sehr schwer verantwortungsbewusst ausbilden kann."

Mehr Digitalisierung

In der Lehre geht es vor allem darum, die vielfältigen Abläufe zu erlernen und die verschiedenen Grundtechniken richtig zu kombinieren. Neben den klassischen Schulfächern wird an der Berufsschule in Graz Edelsteinkunde, Fachkunde, also Materialienkunde und Technologie unterrichtet. Am spannendsten sei es aber, wenn man in die Werkstatt gehen könne, sagt Köchl.

Auch die Digitalisierung wird in der Schmuckbranche immer wichtiger. "Oft werden Schmuckstücke am Computer gezeichnet. Das Gezeichnete wird dann am 3-D-Drucker entworfen und gedruckt. Das Wachsmodell, das daraus entsteht wird eingegipst, geschmolzen und so der Ring hergestellt, der aber dann noch ausgearbeitet werden muss", erzählt der Lehrling. Das werde auch im Betrieb oft gemacht, weil es auch zeitsparend ist.

Die Digitalisierung verändere die Möglichkeiten der Goldschmiede, sagt Hufnagl. Man könne dadurch Märkte zurückholen. Vor allem Jungunternehmer seien den Älteren darin einen Schritt voraus. (Elisabeth Kleinlercher, 24.10.2016)