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Tausende Frauen demonstrierten gegen Maduro.

Foto: REUTERS / Marco Bello

Caracas – Nach der Blockade eines Volksentscheids über ein Amtsenthebungsverfahren gegen Venezuelas Präsidenten Nicolas Maduro hat die Opposition ab Mittwoch zu landesweiten Protesten aufgerufen. Bereits am Samstag kam es zu Kundgebungen, an denen sich vordringlich Frauen beteiligte.

Oppositionschef Henrique Capriles sprach von einem "Staatsstreich", nachdem die Wahlbehörde die geplante dreitägige Unterschriftensammlung der rechtsgerichteten Opposition für ein Abwahlreferendum gestoppt hatte.

Ab Mittwoch werde es landesweit Proteste geben, erklärte Capriles: "Das ganze Volk wird mobilisiert, um die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen." Der zwei Mal unterlegene Präsidentschaftskandidat fügte hinzu: "Es hat in Venezuela einen Staatsstreich gegeben. Anders kann man das nicht nennen." Die Opposition werde für Sonntag eine Sondersitzung des Parlaments einberufen. Dort würden "Entscheidungen getroffen".

Der im Ausland weilende Staatschef Maduro von der Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) äußerte sich im venezolanischen Fernsehen nicht direkt zum Referendum. Er rief aus Aserbaidschan, der ersten Station seiner Reise in vier ölreiche Länder, lediglich dazu auf, "nicht den Kopf zu verlieren".

Maduros Stellvertreter Aristobulo Isturiz teilte mit, dass der ehemalige spanische Regierungschef José Luis Rodriguez Zapatero am Wochenende in dem Streit als Vermittler getrennte Gespräche mit Abgeordneten der Regierung und der Opposition führen werde.

Der Nationale Wahlrat (CNE) berief sich bei seiner Entscheidung auf einstweilige Verfügungen von fünf Regionalgerichten. Diese hatten die Ergebnisse der ersten Phase der Unterschriftensammlung vom Juni wegen Unregelmäßigkeiten für ungültig erklärt. In der ersten Phase musste ein Prozent der Wählerschaft für die Anberaumung eines Amtsenthebungsverfahrens unterschreiben. Die Opposition erreichte mit 400.000 Unterschriften fast doppelt soviel wie erforderlich.

Bei der zweiten Stufe muss die Opposition rund vier Millionen Unterschriften gegen Maduro sammeln, was etwa einem Fünftel der Stimmberechtigten entspricht. Diese Unterschriftensammlung war für kommenden Mittwoch bis Freitag angesetzt. Bei einem für die Opposition erfolgreichen Verlauf der Unterschriftensammlung soll der Volksentscheid auf Beschluss des Nationalen Wahlrats im Februar oder März 2017 stattfinden.

Vom 26. bis 28. Oktober hätten die Unterschriften von 20 Prozent der Wahlberechtigten gesammelt werden müssen, die ein Referendum fordern – das entspricht fast vier Millionen. Angesichts der großen Unzufriedenheit mit Maduros Regierungsführung galt es als wahrscheinlich, dass diese Marke überschritten wird. Die Opposition wirft den regierenden Sozialisten vor, den Prozess absichtlich zu verzögern.

Die Opposition wirft Justiz und Behörden vor, auf der Seite Maduros zu stehen und den Vorgang für ein Amtsenthebungsverfahren zu verzögern oder verhindern zu wollen. Sollte das Referendum erst 2017 stattfinden, könnte Maduro zwar abgewählt werden, seine Stelle nähme dann aber bis zum Ende des Präsidentschaftsmandats 2019 sein Stellvertreter und Parteifreund Isturiz ein. Die von der Opposition angestrebte Präsidentschaftswahl würde es dann nicht geben.

Die US-Regierung, der Maduro vorwirft, seinen Sturz zu betreiben, äußerte sich "tief besorgt" über die Entscheidung zum Stopp der Unterschriftensammlung. Außenamtssprecher John Kirby sagte, damit halte der Nationale Wahlrat "das venezolanische Volk davon ab, sein wichtiges verfassungsmäßiges Recht auszuüben".

Am Donnerstag hatte die venezolanische Justiz im Zuge von Ermittlungen wegen Betrugs bei den Unterschriftensammlungen Ausreiseverbote gegen Capriles, den Generalsekretär seines Bündnisses Tisch der demokratischen Einheit (MUD), Jesus Torrealba, und weitere Oppositionspolitiker verhängt. "Die Regierung hat ihr wahres Gesicht gezeigt. Jetzt müssen die Venezolaner für ihr Wahlrecht kämpfen", sagte Torrealba.

Am Samstag demonstrierten tausende weiß gekleidete Frauen in der Hauptstadt Caracas gegen die Entscheidung der Wahlbehörde. Angeführt wurde der Protestmarsch auf der wichtigsten Autobahn von Lilian Tintori, der Ehefrau des inhaftierten Oppositionsführers Leopoldo Lopez.

Venezuela leidet seit dem Verfall des Ölpreises auf dem Weltmarkt an einer schweren Wirtschaftskrise. Wegen der Versorgungsengpässe gab es in dem südamerikanischen Land zuletzt immer wieder Unruhen und Plünderungen, bei Protesten wurden mehrere Menschen getötet. Die Opposition macht Maduro und seine Regierung für die wirtschaftlichen Probleme verantwortlich und will seine Absetzung erzwingen.

Maduros Beliebtheitswerte sind unterdessen auf ein neues Tief gesunken. Laut einer Umfrage für das Institut Datanalisi missbilligen 76,5 Prozent der Venezolaner seine Politik. Rund 62 Prozent würden demnach für Maduros Amtsenthebung stimmen.

(APA, 23.10.2016)