Robbie Williams veröffentlicht heute sein Album "The Heavy Entertainment Show" – ein Leichtgewicht.


Foto: Sony Music

Wien – Gerne wird behauptet, die Nullerjahre wären deshalb so treffend benannt gewesen, weil im Pop hauptsächlich Nullen nach oben geschwemmt worden wären. Karriere mit Leere, die Abteilung. Das ist erstens eine Übertreibung und zweitens kein Phänomen der Nullerjahre.

Ganz rauf spülte es damals Robbie Williams. Der spielte eine Zeitlang den größenwahnsinnigen Popstar wie kein anderer. Während Michael Jacksons Nasenspitze verschimmelte, zog er ihm den Thron unterm Hintern weg und reklamierte sich zum King of Pop. Zwei, drei Jahre später war er nur noch der King of Popo. Aufgedunsen, eher immobil. War er zuvor wie ein wilder Hund über die Bühne gesprungen, bezirzte er in großen Stadien noch die letzten Reihen, so misslang der Wiederholungsversuch mit denselben Schmähs kläglich.

Seitdem wird der jetzt 42-jährige Brite zusehends belächelt. Alben in der Nachfolge erfolgreicher Sing- und Swingalben sowie Escapology (2002) krepierten außerhalb von Little Britain und der Wetten-dass-Sehergemeinde eher im Rohr. Die Gesundheit war bei dem einem Album ein Problem, der Songwriter beim nächsten, der Versuch "zurück zu seinen Wurzeln" zu gehen ließ das übernächste floppen. Wobei so ein Flop immer noch eine Million verkaufter Tonträger bedeutete. Aber Weltstar wird man so keiner.

Robbie Williams

Mittlerweile dürften seine lukrativsten Auftritte in den Kinderzimmern von russischen Oligarchengören stattfinden. Party Like A Russian heißt arbeitgeberloyal die Single, die dem neuen Album als Beweis vorausgeschickt wurde, dass Williams noch nicht abzuschreiben sei. Sein elftes Album erscheint am Freitag bei Sony Music, es heißt The Heavy Entertainment Show.

Kopieren und fleddern

16 Songs hat er drauf gepackt und überhebt sich damit gewaltig. Ohne eine eigene Idee je aus der Nähe gesehen zu haben, hetzt er durch einen Themenpark der Popmusik, die ihm seine Produzenten aufgebaut haben. Zwar söhnte er sich mit seinem Erfolgschreiber Guy Chambers aus, der Zug scheint dennoch abgefahren.

Das Album beginnt mit abgegriffenem James-Bond-Titelnummern-Bombast. Es folgt die Russen-Nummer, dann liebt Robbie innig das Dasein (Love My Life), um anschließend dem Titel Motherfucker Leben einzuschnaufen. Für das Bruce Lee leichenfleddert er beim Electric Light Orchestra, wobei dessen Jeff Lynne natürlich mehr Gespür für Melodien besaß und nicht wie eine Kopie von Jeff Lynne singen musste.

Ein einzig durchgängiges Merkmal lässt sich feststellen. Je ärger ein Song schwächelt, desto mehr wird ihm aufgeladen, und desto dramatischer bricht er unter der Überproduktion zusammen. Immerhin konnte sich Rufus Wainwright als Gastduettist in dem beschwipsten Hotel Crazy durchsetzen, der Schunkler fällt wohltuend aus dem dominanten Rest. Der besteht aus einer Ansammlung von Musik-Fastfood für die Trottelsender im Äther. Für 2017 ist vage ein Konzert im Happelstadion geplant. Vielleicht wird es auch nur die Stadthalle – aus "produktionstechnischen Gründen", Sie verstehen. (Karl Fluch, 3.11.2016)