Elke Dieterich (Foto) gründete 2011 "Manager für Menschen" und organisiert Sabbaticals in sozialen Projekten auf der ganzen Welt. Dass nur wenige den Traum von der Auszeit erfüllen, liege auch an der noch großen Skepsis in Unternehmen, sagt Dieterich.

Foto: Manager für Menschen

Viele träumen davon, während sie müde auf den Desktop mit Strandfoto blicken: einfach mal eine Auszeit nehmen vom Arbeitsalltag, verschnaufen, Neues sehen und lernen, weg vom Schreibtisch in eine neue Welt. Wenn es nicht gleich der komplette Ausstieg sein soll, dann lautet die Lösung vermehrt: Sabbatical.

Elke Dieterich kennt dieses Gefühl. 2009 entschließt sie sich, die Marketingleitung eines Sanitärherstellers aufzugeben, um nach Tansania zu gehen. Sie wollte nicht nur eine Auszeit, um zu reisen, sondern um sich in einem Sozialprojekt einbringen. "Damals waren Sabbaticals in Deutschland noch nicht sehr verbreitet, deswegen zog ich einen Schlussstrich", erzählt sie via Skype. Auch heute sitzt sie in Tansania, hilft mittlerweile aber anderen Menschen, ein solches Social Sabbatical zu planen. 2011 gründete sie dafür "Manager für Menschen" – mittlerweile vermittelte sie 47 Menschen in Projekte von Peru bis Sri Lanka.

Die Berater auf Zeit

Philipp Bächtold ist einer dieser "Berater auf Zeit". Diese Woche ging sein Einsatz, den er im Jänner dieses Jahres begann, zu Ende.Im gemeinnützigen Verein Lesedi la Batho brachte er sein Know-how ein und war vor allem dafür verantwortlich, mehr Struktur in die Abläufe zu bringen. Zu Hause in der Schweiz war dies ebenfalls sein Aufgabenbereich. "Allerdings standen dort Glasspritzen im Vordergrund und hier die Menschen", sagt er. Der Verein unterstützt eine Township in der Nähe von Pretoria in verschiedenen Bereichen: von Bildung über Services für die Ärmsten bis zur Berufsberatung. Monitoring, Datenbanken und Evaluierung kamen da mitunter zu kurz, das hat sich nun geändert, und Bächtold geht zufrieden zurück in die Schweiz. Der Einsatz habe ihm persönlich enorm viel gebracht, resümiert er. Auch weil alles sehr gut klappte, verlängerte er den Aufenthalt von sechs auf mehr als acht Monate. "Nun konnte ich auch noch einen neuen Mitarbeiter einstellen, der in Zukunft diese Aufgaben übernehmen wird. Dass es nachhaltig abläuft und ich nicht nur eine To-do-Liste abhake und herumreise, war mir sehr wichtig", sagt der Schweizer.

Vorbehalte gegen Sabbaticals

Während man immer mehr von Sabbaticals lese und diese in den Medien häufig auch als beliebt beschrieben würden, sei das bei den Unternehmen aber noch nicht ganz angekommen, weiß Elke Dieterich. "Hier gibt es viele Vorbehalte. Viele Interessenten, mit denen ich sprach, mussten regelrecht um eine Auszeit kämpfen." Der Grund? Unternehmen seien besorgt, dass sie durch die Auszeit wichtige Mitarbeiter verlieren. "Eine völlig unbegründete Angst", sagt Dieterich. In zwei Fällen sei es bei Manager für Menschen bisher zur Kündigung nach dem Sabbatical gekommen, der Großteil geht zurück ins Unternehmen. "Wenn jemand geht, dann hat es auch vor der Auszeit schon gröbere Probleme gegeben", sagt Dieterich. Sie wünscht sich, dass mehr Arbeitgeber die Vorteile erkennen, die Menschen aus einem solchen Einsatz mitbringen. "Es kann sein, dass man in ein Projekt kommt, wo es weder Wasser noch Strom gibt. Und mit Pünktlichkeit und deutscher Denke wird man es auch nicht sehr leicht haben." Kreativität, Flexibilität, Krisenmanagement – nur einige Beispiele. "So ein Einsatz ist auf jeden Fall mehr wert als jedes Persönlichkeitsseminar", sagt Dieterich.

Vorbereitung zentral

Bächtold muss nicht zurück zu den Glasspritzen in St. Gallen. Der Einsatz ist für ihn eine Brücke zum MBA, den er 2017 startet. Er musste sich deswegen auch nicht um eine Zwischenbesetzung kümmern.

Dies sei ein weiterer Grund, weshalb viele Unternehmen Sabbaticals gegenüber noch skeptisch sind, sagt Dieterich. Sie rät zu einer langen Planung und klaren Absprache: "Interessenten sollten sich selber um eine Vertretung kümmern und auch aufzeigen, wieso sie eine Auszeit wollen, welche Vorteile diese bringen kann und wie und wann man wieder einsteigen möchte." Die Vorbereitung kann dann schon auch länger dauern als die Projektarbeit vor Ort. Bei den meisten der bisherigen Berater waren das zwei bis drei Monate. Dass das mitunter zu knapp ist, bemerkte auch Bächtold. Eine Verlängerung war bei ihm kein Problem, aber auch bei einigen anderen seien Unternehmen hier offen gewesen.

Die Vermittlung zu einem passenden Projekt ist bei Manager für Menschen zentral. Es gibt bereits ein bestehendes Netzwerk – kommt aber keines für einen Interessenten infrage, wird nach neuen Möglichkeiten gesucht. "Mein Wunsch war relativ offen. Ich wollte nach Afrika und etwas Sinnvolles tun, nicht Zivildiener sein und Blumen gießen", sagt Bächtold. Angekommen ist er in Südafrika nicht als Projektleiter, sondern als einfacher Berater und Teammitglied auf Augenhöhe. Auch das ist Dieterich in der Vermittlung wichtig. Konflikte, weil der "wichtige" Berater aus Europa kommt und in zwei Monaten das Rad neu erfinden will, sollen vermieden werden. "Wer das in der Vorbereitung nicht mitbekommt, wird sehr schnell auf die Nase fallen", sagt Dieterich. Passiert sei das aber noch nie. (lhag, 10.11.2016)