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Kaum mehr jemand kauft Geräte mit dem mobilen Windows.

Foto: THOMAS MUKOYA / REUTERS

Ein drittes großes Betriebssystem: Das wünschen sich Hardwarehersteller und Provider nach eigenen Aussagen immer wieder. Doch das ist leichter gesagt als getan, große Risiken gehen solche Unternehmen eher ungern ein, also greift mittlerweile fast die gesamte Branche zu Googles Android. Eine Vormachtstellung, der selbst ein Riese wie Microsoft offenbar nichts entgegenzusetzen hat, nach Jahren des Kampfs um wenige Prozentpunkt im Smartphone-Markt versinkt das mobile Windows nun vollends in der Bedeutungslosigkeit.

Von wenig auf nichts

Die aktuellsten Verkaufszahlen zeichnen dabei ein geradezu vernichtendes Bild, so weist etwa Strategy Analytics den Marktanteil des mobilen Windows nicht einmal mehr gesondert aus. Im abgelaufenen Quartal wurden gerade einmal 0,3 Prozent sämtlicher Smartphones mit einem anderen Betriebssystem als Android oder iOS ausgeliefert. Dieses Marktanteilsbrösel muss sich Microsoft noch mit Blackberry, Tizen und Co. teilen. Der aktuelle Abstieg vollzieht sich dabei verblüffend flot, im Vorjahr war diese Gruppe gemeinsam zumindest noch bei 2,3 Prozent.

Hintergrund

Völlig überraschend kam diese Entwicklung allerdings nicht. So hatten Marktbeobachter schon seit Jahren davor gewarnt, dass Windows am mobilen Markt gegen die Übermacht der Android-Welt chancenlos sei, und Microsoft besser früher als später die eigene Chancenlosigkeit eingestehen sollte, um nicht weiter unnötig Geld zu verschwenden. Doch stattdessen folgte die noch von Ex-CEO Steve Ballmer durchgesetzte Übernahme der Mobilfunksparte von Nokia. Unter dessen Nachfolger Satya Nadella setzte sich aber schnell eine realistischere Einschätzung der Dinge durch, was vor allem für die Nokia-Mitarbeiter eine wenig erfreuliche Konsequenz hatte. Mittlerweile wurde der allergrößte Teil der 25.000 damals übernommenen Mitarbeiter wieder entlassen, Microsoft kostete dieser Ausflug nach aktuellen Schätzungen zumindest 8 Milliarden US-Dollar.

Mit dem Wechsel an der Spitze hielt auch ein strategischer Wandel bei Microsoft Einzug: Wollte man zuvor jahrelang die eigenen Dienste als Hebel nutzen, um Nutzer zum mobilen Windows zu locken, erkannte Nadella, dass dies dem Services-Geschäft von Microsoft schadet. Also begann das Unternehmen damit, sowohl Android als auch iOS offensiv zu unterstützen. Und dies durchaus mit Erfolg, so sind mittlerweile auf zahlreichen Android-Geräten die Dienste des Windows-Herstellers vorinstalliert. Dass Microsoft hier mit dem eigenen Patentportfolio entsprechend Druck bei den Hardwareanbietern machen kann, hat sicherlich auch nicht geschadet, um diesen Status zu erreichen.

Strategische Neuausrichtung

Das mobile Windows hatte mit dieser Umorientierung natürlich an strategischer Bedeutung verloren. Während man nach außen weiter die Segnungen der einheitlichen Plattform vom Smartphone bis zum Desktop beschwor, wurde die Produktpalette rund um das mobile Windows immer weiter ausgedünnt. Als dann die ersten Smartphones mit Windows 10 mit recht unfertiger Software auf den Markt geworfen wurden, und die Verkäufe weit unter den Erwartungen blieben, waren die Zeichen eines nahenden Endes von Microsofts mobilen Bemühungen endgültig unübersehbar, auch wenn dies so manche eingeschworene Fans bis zuletzt nicht wahrhaben wollten.

Dies mag auch daran liegen, dass Microsoft bis heute keinen offiziellen Schlussstrich unter das Kapitel gezogen hat. Der Umstand, dass dieses Jahr kein neues Spitzenmodell für die eigene Smartphone-Reihe mehr auf den Markt gekommen ist, spricht allerdings Bände. Die Hoffnung der verbliebenen Fans des mobilen Windows bleibt dabei auf dem immer wieder durch die Gerüchteküche kursierenden Surface Phone. Jenseits der Frage, ob dies am aktuellen Stand der Smartphone-Branche etwas Relevantes ändern könnte, ist allerdings auch unklar, ob dieses überhaupt jemals erhältlich sein wird. Hätte das Gerät doch nach früheren Informationen schon dieses Jahr veröffentlicht werden und zwar mit einem x86-Prozessor von Intel, doch der Prozessorhersteller hat sich selbst erst vor wenigen Monaten aus diesem Bereich zurückgezogen. Zuletzt war dann zu hören, dass das Surface Phone auf 2018 verschoben wurde.

Klarstellung

Und auch die aktuellen Aussagen Microsofts lassen wenig Hoffnung aufkeimen: In einem aktuellen Interview mit ZDNet betonte Windows-Chef Terry Myerson, dass man derzeit vor allem deswegen am mobilen Windows weiterarbeite, um das Know-How im Umgang mit ARM-Prozessoren und Geräten mit Mobilfunkkomponenten nicht zu verlieren. Denn wenn man hier einmal vollständig aufgebe, sei es nur mehr sehr schwer möglich wieder von vorne zu beginnen. Nach einer Rückkehr von Microsoft in die Smartphone-Entwicklung klingt all dies nicht, das Unternehmen sieht darin also eher eine Brücke zu neuen Produktkategorien.

Zumindest bleibt dem Unternehmen der Trost, dass man in anderen Bereichen durchaus Erfolge feiern kann. So erfreuen sich die Surface-Tablets großer Beliebtheit, und auch für den Laptop Surface Book sowie das unlängst vorgestellt Surface Studio gab es viel Lob. Ein Comeback als Smartphone-Hersteller sollte allerdings nicht mehr erwartet werden. (red, 7.11.2016)