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Dieser Ägypter hat vom Staat bereitgestellten Zucker ergattert.

Foto: Reuters / Amr Abdallah Dalsh

Brot, Käse, Tomaten und Tee – Hausmeister Ashraf sitzt im Vorgarten bei seinem Frühstück. Aber das Heißgetränk will heute nicht schmecken. Der Zucker fehlt. Eine Odyssee durch die zahlreichen Supermärkte im Zentrum von Kairo bleibt ohne Erfolg. Seit mehreren Wochen gibt es keinen Zucker mehr zu kaufen.

Der Zuckerkonsum der Ägypter ist außerordentlich hoch. In den Tee, von dem jeden Tag mehrere Gläser getrunken werden, kommt nicht ein Löffel, sondern üblicherweise vier oder fünf. "Sukkar chafif", wenig Zucker, verlangt, wer normale Süße vorzieht. Zuckrige Limonaden finden einen reißenden Absatz, und wenn es etwas zu feiern gibt, dann immer mit Kuchen und Torten. Rund 35 Kilogramm Zucker konsumiert jeder der 91 Millionen Ägypter im Jahr, das ist eineinhalbmal so viel wie im weltweiten Durchschnitt.

Die Zahlen sind alarmierend. Laut den Statistiken der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind 62,2 Prozent der Ägypter übergewichtig und 31,3 Prozent sogar krankhaft übergewichtig, haben also Adipositas. Bei Kindern rangiert das Land der Pharaonen mit 32 Prozent, die krankhaft übergewichtig sind, weltweit auf Platz sieben.

Wütend auf die Regierung

Kein Wunder, dass viele Ägypter jetzt scherzhaft meinen, die Zuckerkrise komme nicht ungelegen. Vielen würde ein bisschen erzwungener Verzicht auf Süßes gerade guttun. Andere sind natürlich auch einfach wütend auf die Regierung, dass eines der wichtigsten Konsumgüter aus den Geschäften verschwunden ist.

Als vor einigen Wochen der Preis des Zuckers zu steigen begann, setzte sich der immer gleiche Mechanismus in Bewegung. Zucker wurde von Großhändlern gehortet, in der Hoffnung ein gutes Geschäft zu machen. Ein junger Mann wurde sogar verhaftet, weil er Zucker gehamstert habe, wie die Polizei erklärte. Er hatte zehn Kilogramm für sein Kaffeehaus bei sich. Die eigentlichen Verursacher der künstlichen Knappheit kommen dagegen ungeschoren davon.

Die Regierung betont, es gebe keine Krise und hat größere Mengen Zucker auf den Markt geworfen. Bald soll es den begehrten Süßstoff wieder überall geben, verspricht sie. Bleibt zu hoffen, dass sich bis dahin wenigstens einige an einen geringeren Zuckerkonsum gewöhnt haben. (Astrid Frefel aus Kairo, 8.11.2016)