"Es ist absurd", sagt Edgar Hernegger, Elternsprecher des Waldorfbunds Österreich. "Eine kleine Tiroler Schule mit nichtkonfessioneller Trägerschaft konnte von den Eltern nicht mehr finanziert werden. Der Trägerverein gab sich kurzerhand in die Obhut der evangelischen Kirche, und schon war das Überleben der Schule gesichert. Die Lehrerschaft blieb unverändert, auch die Schüler sind geblieben. Der einzige Unterschied ist, dass die Personalkosten nun zu 100 Prozent vom Bund getragen werden."

Der Grund dafür ist im Privatschulgesetz aus dem Jahr 1962 zu finden. Dieses gibt Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht und einer konfessionellen Trägerschaft einen Rechtsanspruch auf Subventionen zur Deckung ihres gesamten Personalaufwands. Zu dieser Zeit gab es aber in Österreich noch keine alternativen Schulen. Mit einer Verfassungsklage als Akt der Notwehr wollen die nichtkonfessionellen Schulen mit Öffentlichkeitsrecht nun eine Gleichstellung erwirken.

Denn pro Schüler und Jahr erhalten Freie Schulen im Pflichtschulbereich nur 750 Euro, während die staatliche Förderung pro Kind und Jahr für öffentliche und konfessionelle Volksschulen im Durchschnitt 7.300 Euro beträgt. Seit 2012 wurde den Schulen in freier Trägerschaft die Bundesförderung um 25 Prozent gekürzt.

"Schlechterstellung sachlich unbegründet"

"Die massive Schlechterstellung der nichtkonfessionellen Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht ist sachlich unbegründet", sagt Anwalt Wolfram Proksch, der die Klage beim Verfassungsgericht einbringen wird. Denn auch diese Schulen würden einen wesentlichen Beitrag zur pädagogischen Vielfalt leisten und den staatlichen Bildungsauftrag erfüllen.

Ein Ende der Diskriminierung der Schulen in freier Trägerschaft wurde auch im Expertenbericht der Bildungsreformkommission gefordert. Diese Empfehlung wurde aber von Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) bei der jüngsten Bildungsreform nicht berücksichtigt. "Viele Lernmethoden der Privatschulen aber schon", ergänzt Hannes Würkner, Obmann der Interessenvertretung privater, nichtkonfessioneller Bildungs- und Betreuungseinrichtungen Österreichs (PBÖ), und nennt pädagogische und finanzielle Autonomie, Lehrerauswahl direkt an den Schulen, Teamteaching und ganztägigen verschränkten Unterricht als Beispiele.

Vor 25 Jahren wurde schon einmal eine Verfassungsklage in diesem Zusammenhang eingebracht, wegen eines Formalfehlers aber abgewiesen. Mittlerweile sei der Sektor aber weiter gewachsen, und durch den Vertrag von Lissabon sowie die Europäische Grundrechtecharta haben Privatschulen weiter Rückendeckung bekommen, sagt Proksch. Er hofft, dass die Klage in einer der vier Sitzungen des Verfassungsgerichtshofs 2017 behandelt wird. (Gudrun Ostermann, 8.11.2016)