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Ramazan Özcan hat sich vorgenommen, gegen Irland die Bälle fest zu halten. Marcel Kollers Vertrauen genießt er jedenfalls.

Foto: Reuters/Foeger

Wien – Ramazan Özcan sagt, dass er "Fehler gemacht hat". Er fügt zur Beunruhigung hinzu, dass weitere folgen werden. Schließlich sei er nicht nur Tormann, sondern Mensch. Der 32-Jährige wird am Samstag im Happel-Stadion in der WM-Quali gegen Irland das österreichische Tor bewachen. Anstelle von Robert Almer, der sich das Kreuzband gerissen hat und monatelang ausfällt. Özcan steigt von der klassischen Nummer zwei zum Einser auf. "Almers Verletzung ist brutal für ihn, ich bedaure das sehr, unter Sportsfreunden denkt man so." Man müsse aber immer parat stehen. "Das Wort Nutznießer mag ich nicht, für den schalen Beigeschmack kann ich wirklich nichts. Niemand will vom Pech anderer profitieren."

Özcan, den sie Rambo nennen, wirkt dünnhäutig, freundlich distanziert. Irland wird sein zehntes Länderspiel sein, die neun Einsätze davor waren durchwachsen. Zuletzt das 2:3 in Serbien. Özcan war an den drei Gegentoren schuldlos, im Gegenteil, er hat in einigen Phasen Ärgeres verhindert. Das Debüt missglückte, es begab sich im August 2008 in Nizza. Özcan machte sich einen Treffer selbst, das sah patschert aus, Endstand gegen Italien immerhin 2:2.

Respekt und negative Stimmung

Es war der Start in die Ära Karel Brückner, die gar keine Ära wurde, sie blieb eine zu vernachlässigende Anekdote in der österreichischen Fußballgeschichte. Mit Özcan hat die Nation erst ein Match gewonnen, 2:1 gegen Malta, der gebürtige Vorarlberger wurde beim Stande von 2:0 eingewechselt. David Alaba überlistete ihn mit einem interessanten Rückpass zum 2:1. "Was will man damit sagen, ich verlange Respekt."

Im Sommer ist er von Ingolstadt zu Bayer Leverkusen gewechselt. Vom Stammplatz auf die Reservebank. An Bernd Leno (24) ist kein Vorbeikommen. "Es ist Fakt, dass Torhüter immer jünger werden. Ich bin stolz auf diesen Transfer, Leverkusen ist in der Champions League, eine Topadresse. Mich stört die negative Stimmung diesem Verein gegenüber." Özcan hat keine Philosophie, keinen Leitsatz. Über Stärken mögen andere urteilen. "Ich habe nie aufgegeben, weiß, woher ich komme, bin bodenständig."

Unterstellungen

Er hat türkische Wurzeln, nach dem 1:2 heuer im März wurde ihm in Foren von aberwitzigen Menschen vorgeworfen, er habe ein Gegentor absichtlich kassiert, weil er zur Türkei gehalten habe. Mit diesen Blödheiten beschäftigt er sich nicht, Zeitverschwendung.

Er wird am Samstag "fokussiert" sein. "Ich werde im Bus sitzen, auf der Fahrt ins Stadion mir die Abläufe durch den Kopf gehen lassen." Die fehlende Praxis sei kein Problem. "Ein Training in Leverkusen ist mehr wert, als manche glauben. Man ruht sich ja nicht auf der Bank in der Kabine aus."

Seine Karriere begann bei der Austria Lustenau, führte über Red Bull Salzburg nach Hoffenheim. 2011 übersiedelte er nach Ingolstadt, wurde endlich Stammkeeper, schaffte den Aufstieg in die erste deutsche Bundesliga. Den Wechsel nach Leverkusen hat er übrigens auch mit Teamchef Marcel Koller abgesprochen.

Bereit

Die Verteidigung gegen Irland dürften Florian Klein, Martin Hinteregger, Aleksander Dragovic und Kevin Wimmer bilden. Nur Hinteregger ist im Verein (Augsburg) derzeit Fixstarter. Özcan: "Wir werden alle bereit sein."

Dass Altach für Furore sorgt und die Austria Lustenau die Erste Liga anführt, "ist super für Vorarlberg". Ingolstadt krabbelt hingegen im finsteren Keller. "Ingolstadt ist eben nicht Vorarlberg." Ob nun im Nationalteam die Ära Özcan beginnt? "Man wird sehen, ich gebe jedenfalls Gas." (Christian Hackl, 9.11.2016)