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Der Schweizer Sébastien Buemi führt nach Siegen in den ersten beiden Saisonrennen die Formel E in seinem Renault Z.E.16 an.

Foto: Reuters/Yip

Paris – Es ist nicht lange her, da sorgte der Gedanke an eine Formel E für Heiterkeit in der Formel 1. Eine rein elektrische Rennserie, ohne Motorengebrüll und Benzindämpfe – das sei doch "Käse", sagte nicht nur der viermalige Königsklassen-Champion Sebastian Vettel. Wo bleibe die Faszination, "wenn ein Auto an dir vorbeirast und du nur den Wind hörst?", höhnte der Deutsche zum Start der vom Automobilweltverband (Fia) aufgezogenen Serie.

Rund zwei Jahre später ist die "stille Revolution" fast schon geglückt. Der ältlichen großen Schwester Formel 1 erwächst im Elektro-Schwesterchen eine echte, weil zeitgemäße Konkurrentin. Die Schwergewichte im Motorsport können und wollen sie nicht mehr ignorieren.

Renault ist seit dem Start dabei, Jaguar stieg zur aktuellen Saison ein, und in den kommenden Jahren wird es erst richtig spannend. Audi nimmt Abschied von der Langstrecke, also auch von den den legendären 24 Stunden von Le Mans und stellt stattdessen ab 2017 ein Werksteam in der Formel E. BMW plant den Einstieg für 2018 und sogar Formel-1-Dominator Mercedes hat sich für diese Saison einen Startplatz reserviert.

"Wir haben das Wachstum der Formel E mit großem Interesse verfolgt", sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, "wir schauen uns alle Optionen für die Zukunft des Motorsports an."

Formel 1 muss liefern

Elektromobilität gewinnt für die großen Automobilhersteller an Bedeutung, die Formel 1 ist dagegen seit Jahren in einer schwierigen Situation. Sie hat – nicht zuletzt durch die Zuwendung zur modernen Hybrid-Technologie – an Reiz verloren. Da sind sich Millionen Fans auf der ganzen Welt und viele Fahrer einig. Um den ursprünglichen, rohen Charakter als Alleinstellungsmerkmal zu erhalten, greift ab der kommenden Saison ein neues Reglement. Die Autos und Reifen werden breiter, die Formel 1 soll wieder spektakulärer werden. Gleichzeitig wird die Serie auch spannenden Rennsport bieten müssen, echten Wettkampf auf der Strecke. Die kommenden drei bis vier Jahre unter dem neuen Reglement werden enorm wichtig, denn die Formel 1 muss liefern.

Noch kann ihr die Formel E puncto Zuschauerzuspruch nicht das Wasser reichen. Die Männer in den Elektroboliden locken nur einen Bruchteil der Fans, von den Reichweiten der Formel 1 können sie nur träumen. Dennoch nimmt die Serie momentan Schwung auf, und für die großen Hersteller ist es riskant, nicht mitzurasen. "Die Elektrifizierung wird in der Zukunft der Automobilindustrie eine große Rolle spielen", sagt Wolff, "und der Rennsport war immer eine große Entwicklungsplattform. Das macht die Formel E so relevant."

Zudem ist Motorsport eine riesige Werbeplattform. Für die Entscheidungsträger stellt sich damit vor allem eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Noch hat die Formel 1 einen gewaltigen Vorsprung. Doch je mehr Elektroautos auf den Straßen bewegt werden, desto mehr wird sich nicht nur Mercedes zu abgasfreiem Rennsport bekennen, der mit seinem Saison-Layout, mit Rennen von Oktober bis Juli, auch geschickt Pausen der Formel 1 nutzt.

Sogar Ferrari, in der Formel 1 gerne so etwas wie der Verteidiger des lauten Rennsports, zeigt längst Interesse. Der Schritt in die Formel E sei "in ein paar Jahren denkbar", sagt Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne. (sid, red, 15.11.2016)