Gstanzl-Sammler Hans-Peter Falkner: "vorige wocha / hauma an teifö ogschtocha / wea a teiföfleisch mog / dea kau kema de tog."

Foto: Fisch Records

Wien – "und a grü sitzt im gros / und pfeifft si grod wos / auf amoi is schtaad / schedl ogmaad."

Zum besseren Verständnis der oberösterreichischen Mundart für Menschen, die nicht das Glück hatten, in diesem gesegneten Landstrich mit seinen wunderbaren Dialekten, leicht lallenden Regiolekten und beherzten Idiolekten geboren worden zu sein, können auf jeden Fall zwei Tipps des Verlags hilfreich sein. Erstens kann man sich dieses schöne Gstanzl laut vorlesen. Zweitens ist vielleicht eine englische Oberflächenübersetzung hilfreich: "in the grass sits a cricket / chirping for a oneway ticket / suddenly it doesn't sing or say / head moved away."

26-Jahr-Jubiläum

Seit mittlerweile 26 Jahren spielt der aus Linz-Urfahr stammende Hans-Peter Falkner gemeinsam mit Markus Binder im Duo Attwenger. Er bemüht sich dabei, nicht nur die seinem heimatlichen Landstrich eigene Verschrobenheit und humoristische Ruppigkeit hinaus in die Welt zu tragen. Dies führte in der Vergangenheit unter anderem schon zu Gastspielreisen in die Mongolei und überhaupt diesen ganzen, teilweise tatsächlich besuchten asiatischen Raum, sondern etwa auch nach Afrika.

Attwenger bemühen sich auch seit jeher, den klassischen Formen der hiesigen Volksmusik eine sogenannte Welthaltigkeit einzuverleiben. Musikalisch definiert sich diese über die Einflüsse von Hip-Hop, Punk oder Techno. Speziell mit dem Hip-Hop und dessen improvisierten "Battles" und spontanen Reimzwang-Sessions bietet sich hier eine Gemeinsamkeit, auf der Hans-Peter Falkners Hobby beruht. Neben dem Spielen der Knöpferlharmonika sammelt, dichtet oder überarbeitet Falkner auch traditionelle Formen des Gstanzlgesangs.

"gstanzln"-Reihe

Schon 1996 erschien im Waldviertler Verlag Bibliothek der Provinz mit dem voluminösen Klassiker 1234 gstanzln eine heute längst vergriffene Sammlung ebenso vieler dialektaler Vierzeiler. Ergänzt wurde diese drei Jahre später durch den Nachfolgeband 567 gstanzln. Falkner legt nun eine wiederum durch eine CD mit 33 praktischen Hörbeispielen ergänzte, traditionell in Attwenger'scher Kleinschrift abgefasste Schnittmenge beider Arbeiten vor: 890 gstanzln. best of!

Das Attwenger-Nebenprojekt Die Goas ist darauf ebenso zu hören wie mit Falkner assoziierte Projekte wie die Scheissleitnmusi, Attwenger & Harri Stojka, Duette Falkners mit Mutter Pauline, Großvater Johann sowie Tochter Ella oder den Tanzhausgeigern und der Cpt. Schneider Band.

In thematischen Blöcken wie dem höheren Sinn oder Unsinn gewidmeten Abschnitten "vadraht", "wirtshaus – saufm", dem sehr deftigen "schiache" oder traditionellem Pflichtprogramm wie "oabeit", "musi – taunzn" und "wüdan – jagan" präsentiert sich eine alte Kulturtechnik des Hohns und Spotts, geselligen und ungeselligen Beisammenseins, von Aufsässigkeit und menschenfreundlichem Nihilismus. All das kommt meist im Dreivierteltakt und zweigliedrigen Strophen über Paar- und Kreuzreime daher.

"do predigt da fux"

Die Gstanzln liefern dabei nicht nur so etwas Ähnliches wie eine Ideengeschichte des alpenländischen Raums. Sie belegen auch eines. Speziell im 18. und 19. Jahrhundert war der öffentliche Vortrag von Gstanzln wegen deren widerständigen, goscherten wie gscherten Charakters und der oftmaligen Lächerlichmachung der Obrigkeit aus naheliegenden Gründen immer wieder verboten: "im lungau im pongau / im pinzgau in tux / gehn dhenna ind kira / do predigt da fux." (Christian Schachinger, 16.11.2016)