Wien – Die Songtitel des Albums lesen sich, als wäre es der 5. Dezember 2016 und Norbert Gerwald Hofer Bundespräsident geworden: "Confusion", "Dream No More", "ManUNkind". Drückt man die Playtaste, dauert es nicht lange, bis einem James Hetfield "We're so fucked / shit out of luck!" in die Ohrwaschln brüllt. Wir haben es geahnt.

Metallica veröffentlichen ein neues Album. Schlechte Laune macht gute Laune. Aber am Ende ist alles super.
Foto: Universal Music

Am Freitag erscheint das zehnte Studioalbum von Metallica, es heißt "Hardwired ... to Self-Destruct". Es ist saugeil, wenn man Fan ist, aber das wussten die Fans schon vorher, Old News, Entschuldigung. Denn Metallica ist nicht nur eine Band, sondern ein Orden. Das ist okay, total. An irgendwas muss der Mensch ja glauben. Und im Unterschied zu all den Göttern liefert die US-Band regelmäßige Existenzbeweise. Der letzte aber, das Album "Death Magnetic", liegt acht Jahre zurück, seit damals wurden manche Fans schon ein bisserl unrund. Jetzt endlich gibt es wieder einen Gottesbeweis. Nein, so deppert sind Metallica nicht.

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Es menschelt natürlich, und nur Trottel maßen sich an, ein Gott zu sein. Bei Metallica wird gedrückt, gepresst und geprescht, was das Material hergibt. Aber zu Hause, inmitten der Kunstsammlung, des Fuhrparks und auf dem Golfplatz, hinter dem die arabischen Zuchthengste gerade so lieb grasen, da kann den härtesten Härtling die Melancholie heimsuchen. Das sagt Lars Ulrich, der Schlagzeuger und Erziehungsberechtigte der Band. Da denkt er dann über die Gefahren des Ruhms nach und kriegt den Blues, wenn er an den frühen Tod der Amy Winehouse nachdenkt. Zum Glück ist er Künstler, also kann er derlei Stimmungsschwankungen gut verarbeiten.

Das macht die Band seit 1983, als sie mit dem Album "Kill 'Em All" mit der Stimmungsschwankungsverarbeitung anfing. Das klappte gut, Metallica wurde eine erfolgreiche Band mit Millionen Anhängern auf der ganzen Welt, die diese Schwankungen nachvollziehen können. Haut das einmal nicht hin, helfen sie mit geistigen Getränken so lange nach, bis sich das Schwanken wieder einstellt, vergelt's Gott fürs Bier.

Geplatzter Kragen

Das neue Album ist ein Hin und Her der Gefühle, und nicht alle davon sind schön. "ManUNKind" beginnt zwar lieblich, aber dann dürfte jemand Fox News aufgedreht haben oder so. Da platzt der Band der Kragen, und sie haut alles kurz und klein, singt vom Chaos und der Verrücktheit, dass einem gleich die Haare wachsen und der Head zu bangen beginnt, schon geil, wie die das können. Zwei CDs lang geht das so.

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Manchmal klingt ein Lied, als würde eine alte Deep-Purple-Platte irrtümlich auf 45 Umdrehungen pro Minute abgespielt, aber das geht bei einer CD ja gar nicht. Andere Lieder sind ein bisserl fad, versöhnlich nachgerade. Der heilige Zorn scheint verflogen. Aber nur kurz. Dann berserkert Ulrich wieder los, und die drei alten Jungs ziehen die Mundwinkel nach unten. Muss ja, muss ja. Das neue Metallica-Album ist das beste seit dem letzten. (Karl Fluch, 17.11.2016)

Draufgabe: Metallica geben mit Jimmy Fallon und The Roots auf Kinderinstrumenten "Enter Sandman".
The Tonight Show Starring Jimmy Fallon