Vancouver ist die teuerste Großstadt in Kanada und zu einem Spielfeld für Investoren rund um den Globus geworden, bisher vor allem aus Asien.

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Wien – Manche Österreicher hegen leise Zweifel am langfristigen Fortkommen Europas – wirtschaftlich wie politisch. In der heimischen Immobilienbranche beobachtet man daher, dass einige verstärkt außerhalb des Kontinents investieren. Weit oben auf der Beliebtheitsskala steht mittlerweile das flächenmäßig zweitgrößte Land der Welt: Kanada.

"Europäischer Lebensstandard"

"Viele Österreicher, die es sich leisten können, sehen sich auf der Welt um. Man versucht, eine Vordenkerrolle einzunehmen", sagt Richard Buxbaum, Leiter der Wohnimmobilienvermarktung bei Otto Immobilien. "Die Frage lautet: Wo kann ich auf europäischem Niveau wohnen? Da kommt man sehr schnell auf Kanada."

Für das Land spreche die hohe Lebensqualität, gerade auch in den Städten, die wie europäische Metropolen viele Parks und Grünflächen haben, zudem eine ähnliche Kultur und Rechtssicherheit. Außerdem sei es vergleichsweise einfach, in Kanada einzuwandern, sagt Buxbaum, wobei er einschränkt: "Es geht in der Regel nicht darum, dass die Käufer unmittelbar in Kanada wohnen wollen." Aber nach dem Brexit und dem Wahlsieg Donald Trumps in den USA "überlegt man sich, wohin es weltwirtschaftlich gehen könnte. Da ist Kanada ein interessanter Zufluchtsort."

Alternative zur Anlage in Europa

Einsame Spitze in der Liste der beliebtesten kanadischen Städte – und damit auch am teuersten – ist Vancouver. Es folgen Montreal und Toronto, manche Käufer würden auch nach Ottawa und Quebec City spähen, erzählt Buxbaum. Vancouver führt auch im Prime International Residential Index des internationalen Maklerkonzerns Knight Frank. Dort werden für Investoren die Preissteigerungen in Metropolregionen der Welt aufgelistet. Vancouver liegt darin mit 24,5 Prozent Preissteigerung bei Luxusimmobilien auf Platz eins vor Sydney (plus 14,8 Prozent) und Schanghai (plus 14,1 Prozent).

Einer, der in Kanada investiert hat, ist der Wiener Rechtsanwalt Stefan Artner. Gemeinsam mit seiner Frau besitzt er seit wenigen Monaten eine Wohnung mit rund 60 Quadratmetern in einem Hochhaus in Vancouver.

Vancouver: Teurer als Wien

"Dahinter stand die Idee der Risikostreuung", sagt er. Die neue Wohnung in Kanada sieht er als Ergänzung zu Immobilienbesitz in Wien. Aber: "Man weiß nicht genau, wohin die Europäische Union geht und wie sich die europäische Wirtschaft insgesamt entwickelt. Man könnte nach England gehen, aber das ist mit dem Brexit gerade nicht so toll. Man könnte in die Schweiz gehen, die wird sich von der Entwicklung in Europa aber nicht abkoppeln können."

Artner und seine Frau kannten Vancouver bereits von Reisen und haben dort auch Freunde. Der Immobilienmarkt sei sehr professionalisiert. Der Kauf sei mithilfe einer lokalen Maklerin und eines kanadischen Anwalts über die Bühne gegangen. Die Wohnung ist bereits vermietet, vor Ort hilft Artner ein sogenannter Property-Manager, weil Vermieter in Kanada andere Verpflichtungen hätten als in Österreich. "Wenn die Waschmaschine kaputt ist, dann ruft ein Mieter in Österreich seinen Installateur an, in Kanada hingegen seinen Vermieter", schildert Artner.

"Keine Auswanderung"

Einen finanziellen Nachteil musste er als österreichischer Käufer hinnehmen: Seit August hebt Kanada von Ausländern eine Sondersteuer von 15 Prozent des Kaufpreises ein, zusätzlich zur Grunderwerbssteuer. Auch wenn die Mieten in Vancouver deutlich höher als in Wien lägen, seine Rendite tue dies nicht, "aber um die Rendite ging es mir nicht".

Ob Artner und seine Frau selbst einmal nach Kanada ziehen wollen? "Nicht unter normalen Gesichtspunkten", sagt er. "Sollte man fliehen müssen, kann man sich ohnehin nicht aussuchen, wohin. Es geht nicht um eine Auswanderung nach Kanada."

Weites Land, enger Markt

Viele US-Bürger dürften einen Wohnsitz in Kanada indes ernsthaft in Erwägung ziehen, wie der Anstieg amerikanischer Google-Suchen nach der Präsidentschaftswahl zeigte. "Der kanadische Immobilienmarkt wird sich verändern", glaubt Buxbaum von Otto Immobilien. Der Markt wird wohl noch enger, Objekte werden noch teurer. Dass es für Europäer nun zu spät sei, in Kanadas Metropolregionen zu investieren, denkt Buxbaum aber nicht. (Lukas Kapeller, 22.11.2016)