Kreuzfahrtschiffe verschmutzen die Meere. Dabei gelten in Europa unterschiedliche Standards: Das Mittelmeer wird etwa stärker belastet.

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Seeluft schnuppern, den Horizont im Blick, das Gefühl von Freiheit: Mehr als sechs Millionen Europäer, 113.000 davon Österreicher, haben dies 2015 an Bord eines Kreuzfahrtschiffes genossen. Die Branche ist seit 2008 um fast 50 Prozent gewachsen. Eines der beliebtesten Reiseziele ist neben den norwegischen Fjorden das Mittelmeer. Die Häfen von Barcelona, Rom und Palma de Mallorca werden am häufigsten angefahren.

520 Kreuzfahrtschiffe legen dieses Jahr allein in Palma an. Wer sich dem Hafen an der Alten Mole nähert, erkennt, was für ein durchgetakteter Massenbetrieb Kreuzfahrten sind. Hier herrscht Trubel. Busse kommen und fahren wieder, Menschen steigen aus, bilden Trauben. Rund 30 Busse bringen heute die 1400 Passagiere eines deutschen Schiffes von der Mole an die Uferpromenade. Von dort geht es dann zum Stadtrundgang. Das Schiff ist vergleichsweise klein, die meisten Kreuzfahrer nehmen zwischen 2000 und 3000 Passagiere an Bord.

Mit laufendem Motor warten

Manchmal liegen in Palma sieben Schiffe gleichzeitig. Das sind dann mehr als 20.000 Menschen, die in Bussen vom Schiff zur Uferpromenade gefahren werden und danach gleichzeitig durch die Stadt ziehen. Und während Familien und Paare die gotische Kathedrale oder das einstige Judenviertel besichtigen, wartet das Schiff im Hafen. Mit laufenden Motoren, stundenlang.

Das stellt eine enorme Belastung für die Luft dar. Der dunkle Rauch enthält Schwefel, Schwermetalle und Kohlenwasserstoffe. Er zieht über den Hafen und die Stadt. Die Hafenbehörde will das nun ändern. In Zusammenarbeit mit der Balearenuniversität arbeitet sie an einer Studie zur Messung der Luftwerte in Hafennähe.

Und ab 2017 will sie das europäische Programm "Clean Port" an einer ersten Fähre testen: Schiffsmotoren werden dann mit Flüssiggas betrieben, vorerst nur im Hafen. Oder Cold Ironing: Die Schiffe sollen im Hafen mit Strom versorgt werden. Palma möchte 2019 eine erste elektrische Zapfsäule anbieten.

Laxe Umweltauflagen

Auf See gelten derweil noch andere Regeln. Viele Kreuzfahrtschiffe tragen mit billigem, schädlichem Treibstoff zur Versauerung der Meere bei. Der Naturschutzbund Deutschland kritisiert das seit Jahren. Besonders das Mittelmeer wird belastet. Schiffe dürfen dort immer noch Benzin benutzen, das bis zu 3,5 Prozent Schwefel enthält – das entspricht dem Dreieinhalbtausendfachen des Werts bei einem Lkw-Diesel.

Über der Nord- und Ostsee ist die Luft dagegen besser. Die Anrainerstaaten haben ihre Gewässer bei der internationalen Weltschifffahrtsorganisation zur sogenannten Umweltzone auf See deklariert. Seitdem darf Schiffstreibstoff dort nur noch 0,1 Prozent Schwefel enthalten.

Wer durchs Mittelmeer kreuzt, belastet die Umwelt also stärker als etwa bei einer Fahrt durch die norwegischen Fjorde. Daran wird sich wohl so schnell nichts ändern. Mittelmeerländer setzen sich in der Weltschifffahrtsorganisation nicht für schärfere Umweltauflagen ein. Und Reeder nutzen deren günstige Bedingungen und laxe Umweltauflagen.

In Palma ist die Luftverschmutzung greifbar. Ein Skipper im Sporthafen erzählt, dass immer, wenn die Kreuzfahrtschiffe kommen, dunkle Pünktchen auf seiner Segelyacht kleben, die manchmal sogar noch heiß sind. "Im Sommer ist das ein Dauerzustand", erzählt er, "da helfen nur Scheuerwolle und Fettlöser." Auch der Hausmeister einer exklusiven Apartmentanlage an Palmas Paseo Marítimo hat Erfahrung mit dem dunklen Rauch der Kreuzfahrtschiffe. Wenn er den Pool saubermacht und mit der Hand Blätter aus den Ecken fischt, ist diese nachher schwarz. "Das ist kein Sand oder Erde", sagt er, "das ist irgendwas, was in der Luft schwebt." (Brigitte Kramer aus Palma, 24.11.2016)