Wien – Diese Woche stehen dem ORF die Quoten für November ins Haus, und es wird (schon wieder) kein guter Monat für den Küniglberg werden, wenn man vom Stand am Wochenende ausgeht: ORF 1 und ORF 2 verlieren im November ein Zehntel ihrer Quote. Um rund drei Prozentpunkte liegen sie mit erwarteten 30,3 Prozent unter dem Vorjahreswert. ORF 1 verliert deutlicher als der zweite Kanal. Und diese Woche verabschiedet sich auch noch der oberste Quotenmann des ORF. ATV könnte einen brauchen – der Sender von Herbert Kloiber liegt im November nur noch recht knapp vor Servus TV. Und im Media-Markt kommen die Marktanteile wieder langsam in Bewegung. Willkommen zur Etat-Wochenschau.

Er ist und wurde schon ein paar Mal gegangen, diese Woche verabschiedet er sich offiziell und definitiv selbst vom Küniglberg in die Pension: Werner Taibon, der vor fast zwei Jahrzehnten erstmals zum obersten ORF-Programmplaner bestellt wurde. Und es könnte gut sein, dass es diesen Job 2017, volle 20 Jahre danach, nicht mehr gibt.

Mehr Quotenmänner

Braucht der ORF keinen obersten Quotenmann mehr? Vielleicht braucht er eher mehr davon, sagt eine wesentliche Denkschule schon eine Weile auf dem Küniglberg, und womöglich hört der ORF nun tatsächlich darauf: Statt der zentralen TV-Programmplanung sollen ja Channel Manager mit ihren Kanälen (auch ein bisschen gegeneinander) antreten. Ein paar Jahre schon wälzt Alexander Wrabetz diese Strukturvorstellung (auch vor sich her), nun könnte es doch langsam ernster werden.

Gemeinsam getrennt

Vor allem ORF 1 könnte eine etwas forschere Strategie gebrauchen, sagen Entscheidungsträger auf dem Küniglberg. Wer könnte den Kurs finden, einschlagen und halten? Oft hört man da den Namen Georg Spatt. Der arbeitet seit zwei Jahrzehnten mit einigem Erfolg für Ö3, und auch schon seit 2002 als Ö3-Chef. Bei Ö3 könnte man zum Beispiel auf Sendervize Albert Malli tippen, wenn Spatt zum Fernsehen geht. Die beiden haben zuletzt ohnehin schon eine Art Ö3-Fernsehen geplant – hätte nur die Medienbehörde nicht "Ö3 Visual" als zusätzliches ORF-Fernsehprogramm ohne Deckung im ORF-Gesetz abgelehnt.

Könnte Fachkraft für's ORF-Fernsehen liefern: Ö3.
Foto: oe3.orf.at Screenshot

Für ORF 2 wiederum fällt ganz gern der Name Stefan Ströbitzer. Der war schon Vize-Chefredakteur im ORF-Fernsehen, Chefredakteur im Radio und leitet seit 2012 die Programmentwicklung in der Fernsehdirektion. Bei Ö3 war Ströbitzer einst auch schon Infochef.

Werner Taibons Job dürfte deshalb nur interimistisch nachbesetzt werden, heißt es auf dem Küniglberg. Da würde sich etwa Taibons bisheriger Vize Michael Andersch anbieten. Im Frühjahr bewarben sich nach Infos aus dem ORF etwa auch Robert Altenburger (zuletzt Servus TV) und Taibons ehemaliger Vize Wolfgang Höfer, er arbeitet nach einem Ausflug ins rumänische Privatfernsehen nun fürs Erste in der TV-Direktion. Es könnte aber auch gut sein, dass etwa Andersch und Höfer Taibons Job quasi gemeinsam getrennt übernehmen und gleich für ORF 1 beziehungsweise ORF 2 zuständig sind.

Quotenlücke

Die November-Quoten – alle Daten für's Publikum ab 12 Jahren – sprechen für neue Kraft bei ORF 1: Am Wochenende sah es nach nur 9,2 Prozent Marktanteil in diesem Monat aus – im November 2015 kam der jüngere ORF-Kanal noch auf 10,6 Prozent, und 2012 lag er noch bei 13,6.

Underperformer-Boss

Am härtesten tut sich ORF 1 am Donnerstag: Da mühen sich eine neue Staffel "Undercover Boss" und die Eigenentwicklung "Wie tickst du" merklich – der Sender kommt an Donnerstagen im November auf 5,5 bis 5,6 Prozent Tagesmarktanteil.

Puls 4 gleichauf, Pro Sieben laufend vorne

Damit lag ORF 1 am vorigen Donnerstag (24. November) nur gleichauf mit Puls 4 – der Privatsender konnte mit der Niederlage von Rapid gegen den KRC Genk (Europa League) im Hauptabend punkten.

Brachte Puls 4 auf Ballhöhe mit ORF 1: Rapid gegen Genk in der Europa League, im Bild: Christoph Schosswendter, Wilfred Ndidi und Marco Bizot.
Foto: APA/AFP/BELGA/YORICK JANSENS

Woche für Woche geschlagen wird ORF 1 am Donnerstag freilich im November von Puls-4-Konzernschwester ProSieben mit "The Voice of Germany".

Ganz ohne einen Gegner wie "Voice of Germany" oder die Europa League schaffte ORF 1 im November seinen Tiefstwert von 5,5 Prozent übrigens auch am vorigen Montag mit einer Doppelfolge "Laura Diamond".

Bestwert mit zwei Länderspielen

Einer weiteren Fußballniederlage und einer Show verdankt ORF 1 seinen besten Tag im November: Am Samstag, den 12. November, brachte es der Kanal auf 19,4 Prozent Tagesmarktanteil – mit dem WM-Qualifikationsspiel Österreich gegen Irland und mit dem Dreiländer-Promibewerb "Spiel für Dein Land".

Wie Servus im Sekundenschlaf überholt

Gegen diesen starken ORF-Samstag kamen ATV wie Puls 4 schwer an. Und dann brachte an dem Tag auch noch Dietrich Mateschitz seine kleine Quotenschleuder in Stellung: Altbewährte Kabarettisten und andere Spaßprofis. Nach Otto Schenk und Michael Niavarani in entspannter Doppelconférence im Oktober ließ Andreas Vitasek Servus TV am 12. November im "Sekundenschlaf" an ATV und Puls 4 vorüberziehen: Der Red-Bull-Sender kam an dem Samstag auf 2,9 Prozent Marktanteil, Puls 4 auf 2,7 Prozent und ATV auf nur 1,4.

Mateschitz' Quotenmann des Monats: Andreas Vitasek mit seinem Programm "Sekundenschlaf"
Foto: Udo Leitner für Andreas Vitasek/Sekundenschlaf

Monatsquoten: Servus knapp hinter ATV

ATV liegt im November, vorläufiger Stand am Wochenende, nur noch knapp vor Servus TV: 2,3 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum ab zwölf Jahren gegenüber 2,1 für den Fuschl-Funk von Dietrich Mateschitz. Puls 4 kommt vorläufig auf 3,3 Prozent.

In der Werbezielgruppe (12 bis 49 Jahre) steht es vorerst im November 1,7 für Servus TV zu 3,3 für ATV und 3,8 für Puls 4.

Bewegung im Media-Markt

Es kommt wieder Bewegung in den schon seit gefühlten Ewigkeiten geplanten Verkauf von Österreichs zweitgrößter Mediaagentur media.at. Vorige Woche unterzeichneten media.at und die Hamburger Pilot Hamburg den Kaufvertrag – der österreichische Agenturriese übernimmt auch die 49 Prozent der gemeinsamen Wiener Digitaltochter pilot@media.at von den deutschen Partnern. Der Deal wurde der Wettbewerbsbehörde gemeldet, die prompt vorigen Donnerstag zu Stellungnahmen zum Deal bis 22. Dezember aufrief. Mit wesentlichen Hürden ist eher nicht zu rechnen.

Die Komplettübernahme der Tochter sollte jedenfalls den Verkauf der media.at erleichtern, an dem die Eigentümer – Bawag PSK, Österreichische Lotterien, A1, Post und Industriellenvereinigung – nun schon eine Weile herumdoktern. Das formell dokumentierte Kaufinteresse hielt sich schon bisher in engen Grenzen.

Das – bisherige – Kunden-Universum von Pilot@media.at.
Foto: Pilot@media.at/Screenshot

Ein – in der Branche kolportierter, vorerst unbestätigter – großer Etatverlust könnte den Kaufpreis weiter beeinträchtigen: Kika/Leiner soll dabei sein, sich von der media.at zu verabschieden. Damit bekämen die bisherigen Eigentümer als Kunden deutlich mehr Gewicht im Portfolio – und für die Bewertung. Mit Pilot-Fristende am 22. Dezember geht es wohl in die nächste Runde des Verkaufsprozesses. (Harald Fidler, 28.11.2016)