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Präsident Yahya Jammeh kam 1994 durch einen Putsch an die Macht.

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Herausforderer und Geschäftsmann Adama Barrow arbeitete Anfang des Jahrtausends für einige Jahre als Security in London. Er ist der gemeinsame Kandidat aller Oppositionsparteien in Gambia.

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Beten für den Wahlsieg. Barrow hat zahlreiche Unterstützer.

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Vorbereitungen auf den Wahltag am 1. Dezember.

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"Kein Sterblicher kann mir die Präsidentschaft nehmen." Der gambische Präsident Yahya Jammeh macht wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl mit drohendem Unterton klar, dass er nicht gewillt ist, seine Machtposition aufzugeben. "Eine Million Jahre" werde er mit Gottes Zustimmung noch regieren. Noch sind es "erst" 22 Jahre, die er Präsident ist. Zum fünften Mal will sich der 50-Jährige am 1. Dezember wiederwählen lassen. Und dafür, dass dieses Vorhaben aufgeht, hat er auch diesmal wieder vorgesorgt.

Oppositionskandidaten haben so gut wie keine Chancen auf einen fairen Wahlkampf, im Vorfeld der Wahl haben die Behörden darauf geachtet, dass sie keine Politik machen können. Ein "Klima der Angst" mache es vielen Oppositionellen und Aktivisten unmöglich, ihre Meinung über die Regierung zu äußern – so bewertete kürzlich Human Rights Watch (HRW) die Lage im Land. Oppositionsparteien würden eingeschüchtert, Journalisten unterdrückt und Sicherheitskräfte zur Durchsetzung politischer Ziele benutzt, beklagte die Menschenrechtsorganisation in dem Anfang November vorgestellten Bericht. Viele Reporter seien daher zur Selbstzensur gezwungen. Gambia hatte außerdem kürzlich seinen Rückzug aus dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag angekündigt.

Oppositionskandidat mit Chancen

Seit er sich im Sommer 1994 an die Macht geputscht hat, führt Jammeh das kleine westafrikanische Land mit harter Hand. Ende 2015 erklärte er Gambia plötzlich zur "Islamischen Republik". Als Jammeh im Februar 2016 verkündet, er wolle sich bei Wahlen im Dezember ein fünftes Mal zum Staatschef wählen lassen, gingen die Menschen trotz der repressiven Atmosphäre im Land für eine Wahlreform auf die Straßen. Bei den Protesten der Opposition wurden zahlreiche Aktivisten festgenommen. Darunter Solo Sandeng von der Oppositionspartei UDP (United Democratic Party). Kurz darauf soll er in Polizeigewahrsam gestorben sein. Ein Bericht der Uno beschreibt Folter als regelmäßige Praxis des gambischen Nachrichtendienstes.

Auch Adama Barrow gehört der UDP an. Erst vor einem Monat hatten acht Parteien der gambischen Opposition ihn als gemeinsamen Gegenkandidaten zu Jammeh aufgestellt. Während der Herausforderer seine Wahlveranstaltungen oft spontan und nur vor einer Handvoll Menschen abhält, lässt sich Jammeh, mit dunkler Sonnenbrille auf seiner Hummer-Limousine stehend, wie ein Star durch die Menge chauffieren.

Trotzdem zeigen sich gambische Diplomaten der britischen "Times" gegenüber zuversichtlich, dass Barrow bei den Gambiern großen Anklang findet und bei freien Wahlen auch konkrete Gewinnchancen hätte. "Gambia entwickelte sich unter Jammeh in die falsche Richtung. Nämlich zu einem der ärmsten Länder ohne Menschenrechtsstandards", sagt Barrow seinen Landsleuten. Nicht nur er wirft Jammeh und seiner Regierung Misswirtschaft und Korruption vor.

Flucht aus dem Land

Blickt man auf die Zahlen, schneidet Gambia sehr schlecht ab. Mehr als die Hälfte der rund zwei Millionen Einwohner lebt laut UN-Schätzungen in Armut. Industrie gibt es kaum, die Menschen leben von Landwirtschaft und Tourismus. Wer von Präsident Jammeh konkrete Lösungen für die Probleme des Landes erwartet, wird enttäuscht. Er lässt vor allem mit Ankündigungen aufhorchen, er könne Aids oder Ebola per Handauflegen innerhalb von Tagen heilen und habe ein Mittel gegen Unfruchtbarkeit entdeckt. Weniger skurril und weitaus bedrohlicher: Regelmäßig droht er der Volksgruppe der Mandinkas. Sie seien keine echten Gambier. Adama Dieng, UN-Sonderberater für die Verhütung von Völkermord, hat den gambischen Präsidenten bereits zum wiederholten Mal vorm Schüren von Hass gegen die Volksgruppe gewarnt.

Vor allem junge Männer sehen oft in der Emigration die letzte Chance für ihre Zukunft. Unter den westafrikanischen Migranten, die eine Flucht über das Mittelmeer nach Europa versuchen, stellen die Gambier eine der größten Gruppen. Und Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR zeigen, dass sich die Asylanträge von Gambiern in den Industriestaaten in den letzten Jahren vervielfacht haben: Waren es 2013 4.218 Anträge, kamen 2014 bereits 12.087 Menschen aus Gambia. Die Flüchtlinge nennt Jammeh "Versager" und "schlechte Muslime".

Bei der Präsidentschaftswahl 2011 sprach die Opposition von Wahlbetrug. Internationale Beobachter stuften die Abstimmung als weder frei noch fair ein. 2016 hat sich an dieser Situation nichts geändert. Nach Einschätzung von Human Rights Watch gibt es keine Chance auf eine freie und faire Präsidentschaftswahl. Noch vergangene Woche hieß Jammeh internationale Wahlbeobachter vollmundig willkommen, man solle sich diesen "vertrauenswürdigen Wahlprozess" ruhig ansehen. Die Wahlbeobachter der Europäischen Union bekamen dieses Jahr allerdings eine Absage des gambischen Außenministeriums auf ihre Akkreditierungsanfrage. (mhe, 30.11.2016)