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Premium-Residenzen locken betuchte Senioren mit Luxusappartements und Service wie im Fünfsternehotel.

Foto: Berliner Verlag / dpa Picture Alliance / picturedesk.com

"Einmal bin ich im Bad ausgerutscht und gestürzt. Ich habe an der Schnur des Notrufes gezogen, und zwei, drei Minuten später stand jemand vom Pflegedienst vor mir", erzählt Werner R. Der 88-Jährige ist immer wieder für einige Wochen zu Gast in der Residenz Josefstadt, einer Premium-Residenz für betuchte Senioren in Wien. Werner R. zieht hier ein, etwa wenn seine Tochter, die sich ansonsten um ihn kümmert, verreist ist. Auch die Feiertage wird er hier verbringen.

Eines Tages in einem Heim leben zu müssen, davor haben viele ältere Menschen Angst. Dennoch kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem Senioren in ihren eigenen vier Wänden Hilfe brauchen. Wer nicht mehr selbst kochen, putzen, einkaufen oder Arzttermine ausmachen kann und auch seinen Angehörigen nicht zur Last fallen will, für den ist betreutes Wohnen eine Option.

Wohlhabende Klientel entscheidet sich dabei immer öfter für sogenannte Premium-Residenzen. Davon gibt es laut Walter Eichinger von Silver Living, Experte für Seniorenwohnen, derzeit etwa fünf namhafte Häuser in Österreich.

Wie im Hotel

Eines davon ist die Residenz Josefstadt, ein luxuriöses Haus im Herzen des achten Bezirks. Wer in den 40 bis 100 Quadratmeter großen Appartements lebt, die jeder Bewohner selbst einrichten kann, bekommt einen Rundumservice geboten, der dem eines Fünfsternehotels gleicht: einen Concierge, der Arzttermine und Theaterkarten organisiert und sich um die Post kümmert, regelmäßige Reinigung der Wohnung, Halbpension mit mehrgängigen Menüs und einen Fitnessraum. Nur ein paar Details unterscheiden die Residenz vom Hotel, zum Beispiel der kleine Notrufknopf in jedem Raum, mit dem die betagten Bewohner im Ernstfall Hilfe anfordern können. Die im Haus angesiedelte Pflegeabteilung ist 24 Stunden am Tag besetzt.

Der Concierge vereinbart Arzttermine, kümmert sich um die Post und besorgt Karten fürs Theater.
Foto: Residenz Josefstadt / MarazziPaul

"Obwohl unsere Bewohner in ihren Appartements selbstständig wie in ihren eigenen Wohnungen leben können, ist für die Zukunft vorgesorgt", sagt Direktorin Brigitta Hartl-Wagner. Denn wer doch eines Tages auf Pflegedienste angewiesen ist, kann sie vor Ort in Anspruch nehmen. Dann kommt die mobile Pflege zum Einsatz, sie hilft bei der Einnahme von Medikamenten, der täglichen Hygiene oder beim Anziehen – bis hin zu einer hohen Pflegestufe. "Wer hier wohnt, braucht aus den eigenen vier Wänden nicht mehr ausziehen."

Experte Eichinger weiß, worauf es bei einer erfolgreichen Residenz sonst noch ankommt: "Bei dieser Wohnform geht es bei weitem nicht nur um die Pflege. Die Hotelkomponente und das gebotene Entertainment werden immer wichtiger. In Deutschland sind etwa im Haus angesiedelte Theater- und Kinosäle in Premium-Seniorenresidenzen bereits State of the Art."

Für die Zukunft vorgesorgt

Neben dem offensichtlichen Komfort bietet das Leben in einer solchen Residenz auch soziale Vorteile. "Viele ältere Menschen wollen unabhängig und autonom leben, das kann aber auch – gerade bei Alleinstehenden – zu Vereinsamung führen", sagt Hartl-Wagner. Durch ein Leben in einer Gemeinschaft könne man dem entgegenwirken: "Wir merken sofort, wenn einer unserer Bewohner nicht zum Frühstück kommt."

Dieses Rundumpaket lassen sich Bewohner einiges kosten. Die meisten Premium-Residenzen starten laut Eichinger bei monatlichen Kosten von 4000 Euro. In der Residenz Josefstadt kostet das kleinste Appartement mit 40 Quadratmetern 3000 Euro monatlich, die begehrtesten Wohnungen – teilweise mit Balkon oder Terrasse – mit 55 bis 60 Quadratmetern kommen auf 4500 bis 6000 Euro, für das teuerste Objekt mit 103 Quadratmeter Fläche und 30 Quadratmeter Terrasse sind monatlich 9900 Euro fällig.

Wer in der Residenz Josefstadt einzieht, kann seine eigenen Möbel mitbringen, wie in jeder anderen Mietwohnung.
Foto: Redl

In der Anfang 2016 eröffneten Residenz Josefstadt sind von 59 Appartements derzeit sieben bewohnt. Was sich nach schlechter Nachfrage anhört, ist laut Eichinger ganz normal: "Die sogenannte Pre-Opening-Phase, also die Zeit, die es braucht, bis eine Residenz größtenteils ausgelastet ist, kann bis zu drei Jahre andauern. Wir haben ein Projekt in Berlin begleitet, da waren es sogar fünf Jahre. Die Investoren und Betreiber brauchen bei solchen Projekten einen langen Atem."

Auch das Konzept der Residenz Josefstadt könne auf Dauer funktionieren, glaubt Eichinger. Dennoch sei die Luft in diesem Segment dünn und der Markt in Österreich – anders als in Deutschland oder der Schweiz – überschaubar. "Hierzulande ist noch Marktpotenzial vorhanden, wenn auch nicht unendlich. Ein bis zwei solche Residenzen könnten sich aber noch ausgehen." Wichtig seien vor allem ein stimmiges Konzept und der richtige Standort. "Studien haben ergeben, dass in Österreich vor allem in der Region Salzburg die Klientel sehr zahlungskräftig ist", so Eichinger.

Zahlreiche Möglichkeiten

In Österreich gebe es aber generell weniger Menschen, die sich eine solche Seniorenresidenz leisten wollen. "Wer viel Geld hat, für den gibt es viele Möglichkeiten. Man kann etwa das halbe Jahr gemeinsam auf Mallorca verbringen und sich dort betreuen lassen oder auch auf dem eigenen Landsitz rund um die Uhr versorgt werden." Als Konkurrenz für ihr Haus sieht Hartl-Wagner die klassische 24-Stunden-Pflege im Eigenheim nicht: " Das ist ein ganz anderer Ansatz. Viele Menschen sind nicht glücklich bei dem Gedanken, dass jemand, den sie nicht kennen, bei ihnen zu Hause wohnt und die betreuende Person noch dazu alle zwei Wochen wechselt. In einer Seniorenresidenz gibt es Rundumbetreuung, und trotzdem wohnt man alleine."

Zur Sicherheit sind in jedem Raum Notrufknöpfe installiert.
Foto: Redl

Hartl-Wagner glaubt außerdem, dass vor allem in den Köpfen der Menschen ein Umdenken stattfinden muss. "Viele sagen, dass es ihnen noch gutgeht, sie den Alltag problemlos alleine meistern können und deshalb nicht in eine betreute Wohnung umziehen wollen. Ihnen sei gesagt: An einer selbstständigen Lebensweise wollen wir auch nicht rütteln, wir geben den Menschen nur Sicherheit für den Fall der Fälle." Sie will den Menschen die Scheu nehmen, sich diese Option durch den Kopf gehen zu lassen, denn – und das treffe auf die meisten Wohnformen für Senioren zu – viele haben ein Bild im Kopf, das mit der Realität nicht übereinstimmt. (Bernadette Redl, 18.12.2016)