"Start-up oder Konzern" lautete das Motto beim Netzwerktreffen junger Technikerinnen diese Woche in Wien. Wo die Unterschiede liegen, wollte Moderatorin Lara Hagen wissen. Martina Szabo (Kapsch), Desiree Zottl (Gatherer) und Daniel Horak (Conda) teilten ihre Erfahrungen.

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Der Start-up-Kosmos und die Konzernkarriere könnten in vielen Punkten unterschiedlicher nicht sein. Aber manche Erfahrungen als Technikerin schweißen doch zusammen: Da nickt Martina Szabo, Produktionsleiterin bei Kapsch Components, zustimmend, als Desiree Zottl erzählt, dass einige überrascht darauf reagieren, dass sie die Technik hinter der Software für Terminfindung, Gatherer, versteht und nicht nur für Marketing zuständig ist. "Ich habe es ja auch selbst programmiert", sagte die Gründerin diese Woche beim Netzwerktreffen junger Technikerinnen im Rahmen von "1000 Euro statt Blumen", einem Stipendienprogramm der FH Technikum gemeinsam mit dem Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI). Szabo kenne das. Häufig würden Fragen – etwa auf Messen – an den männlichen Kollegen am Stand gehen. "Worauf er dann immer antwortet, dass die Chefin aber neben ihm stehe." Das Publikum schmunzelt.

"Sich-nichts-scheißen-Mentalität"

"Liegen wirklich Welten zwischen Konzern und Start-up?", will Moderatorin Lara Hagen vom STANDARD wissen. Den großen Unterschied mache sicher die beim Start-up nicht gegebene Sicherheit aus, sagt Daniel Horak. Der Kogründer der Crowdinvestmentplattform Conda denke lieber nicht zu oft darüber nach, "dass in diesem Projekt alles Geld, das ich habe – und auch solches, das ich nicht habe, steckt und ich Verantwortung für über 30 Mitarbeiter trage." Mittlerweile könne er sich zwar sicher sein, dass er die Löhne für alle die nächsten beiden Monate überweisen kann, "aber ob das in sechs Monaten auch noch so ist, das weiß ich nicht." Mut und eine "Sich-nichts-scheißen-Mentalität" seien jedenfalls wichtige Voraussetzungen beim Gründen.

Martina Szabo, bereits 13 Jahre bei Kapsch und in einer leitenden Position, habe immer gewusst, dass sie in eine große Produktion will, mit Robotern und allem Drum und Dran. Solche Möglichkeiten gebe es bei einem Start-up nicht. Natürlich: Die Kommunikation dauere in einem so großen Unternehmen länger, aber der Konzern biete andererseits viele Möglichkeiten und verändere sich laufend – Weiterbildungsangebote, Netzwerke und internationale Zusammenarbeit schätzt die 37-Jährige besonders.

Gründungen durch Frauen rückläufig

Und weil es eine Netzwerkveranstaltung von Technikerinnen ist: Von diesen gibt es in beiden Bereichen noch zu wenige, wenn man sich die Zahlen ansieht. "Gründungen durch Frauen sind in Österreich dieses Jahr sogar rückläufig", sagt Horak, der als Vorstand beim Netzwerk Austrian Start-ups einen Überblick über die Szene hat.

Ein Grund dafür könnte sein, dass Technikerinnen Sicherheit wichtiger ist als Männern – das ist zumindest ein Ergebnis der Absolventenbefragung von Trendence. "Auch Work-Life-Balance und Wertschätzung sind Frauen wichtiger, bei Technikern dominieren ökonomische Gründe", zitiert Hagen die Studie. Trotz der guten Jobchancen macht sich über die Hälfte der Technikerinnen Sorgen, einen guten Job zu finden.

Die Podiumsgäste überrascht das. Szabo möchte jungen Frauen Mut machen und zeigen, dass Frauen in der Technik nichts Außergewöhnliches sind. Natürlich habe es auch in ihrer Karriere Stolpersteine auf dem Weg nach oben gegeben, aber das gehöre dazu. Technikabsolventinnen rät sie dazu, selbstsicher aufzutreten, sich der eigenen Stärken bewusst zu sein. "Begeisterung für den Job ist Grundvoraussetzung."

Zurückhaltung fehl am Platz

Ob Konzern oder Start-up: In beiden Bereichen gibt es viele Initiativen, Programme und Unterstützung für mehr Frauen. Die Runde ist sich einig: Zurückhaltung dürfe man beim Jobeinstieg jedenfalls nicht an den Tag legen, egal ob Start-up oder Konzern.

Bei vielen Jungen stehen Start-ups hoch im Kurs. "Warum eigentlich?", will Hagen wissen. "Meine Mitarbeiter sind von der Idee und der Plattform überzeugt", sagt Horak. "Außerdem gefällt vielen der lockere Umgang – ich als Gründer sitze genauso im Co-Working und hackel." Das mit der Definition von Start-up sei immer so eine Sache, sagt Zottl. Für sie bedeutet es, etwas völlig Neues zu schaffen und mit dem Team dafür an einem Strang zu ziehen, "egal ob man schon acht Stunden gearbeitet hat oder Wochenende ist." (red, 7.12.2016)