Florian Pumhösls "Programm" (2006) erkundet Räume der brasilianischen Avantgarde.

Foto: Hannes Böck, Courtesy Florian Pumhösl

Wien – Mit der Ortschaft Poundbury im Südwesten Englands hat es eine besondere Bewandtnis. Hier möchte Prinz Charles, dessen Königsamt sein Land einfach auslassen wird wie eine nicht mehr bediente Haltestelle auf einer Bahnlinie, seine Vision von Großbritannien zeigen. Das Ergebnis ist nicht einmal so richtig kitschig, sondern in erster Linie merkwürdig. Selten wurde das Architektur- und Sozialkonzept des Prinzen aber so zur Kenntlichkeit entstellt wie in dem Film Poundbury Horror von Yuki Higashino.

Die menschenleeren Bilder – Gebäudeansichten, Architekturdetails, Straßenfluchten – bekommen einen gesprochenen Kommentar, mit dem der Filmemacher auf Klassiker der unheimlichen Literatur anspielt. Wer Arthur Machen oder H. P. Lovecraft gelesen hat, kennt den Sound: Da kann es dann nur um die "blackest facts about the old town" gehen; eine "poisonous local vegetation" frisst alles an; und niemand kann sich mehr an den Namen des "mad prince" erinnern, der (aus "Tiefen der Degeneriertheit") das alles hervorgebracht hat.

Poundbury Horror ist ein kleines Meisterwerk der Ironie, geboren aus dem Geist eines Patrick Keiller, der auf ähnliche Weise das ganze neoliberale England durchmessen hat. Das Mumok zeigt Yuki Higashinos Film im dritten Teil einer Reihe, die mit ihrem Titel "Stranded at Schwimmen-zwei-Vögel" auf Flann O'Briens großartig durchgeknallten Roman Auf Schwimmen-zwei-Vögel anspielt. Der Regisseur, der anwesend sein wird, ist auch Kurator der Reihe, die im Jänner abgeschlossen wird.

Der Bezug zu Flann O'Brien ist dabei ganz und gar offen: Von dem irischen Autor, der für seine Bücher eine Vervielfachung von Anfängen und Enden anstrebte, entlehnt Yuki Higashino die Lizenz für eine konsequent offene Programmierung. Nach einem Abend über politische Kunst und einem zweiten über "Worte und Musik" ist der dritte Fragen der Architektur gewidmet. Ein angemessen umständlicher Titel muss natürlich sein, wenn man es Flann O'Brien recht machen will: "Outwardly a Rectangular Plain Building, Inside is Composed of Large Black and White Squares."

Abtastung eines Gebäudes

Die wichtigste kuratorische Tatsache des Programms ist: Ironie ist keineswegs Pflicht. Florian Pumhösls sorgfältige, in warme 16-mm-Farben getauchte Untersuchung der Casa Modernista, einer berühmten Heimstatt der brasilianischen Avantgarde in São Paolo, ist ein mustergültiger Architekturfilm, fast schon so etwas wie eine Abtastung eines Gebäudes auf seine semantischen Register hin. Anhand ihrer zeichnet Pumhösl die globale Verbreitung der Moderne nach. Der Film heißt Programm und ist selbst eines.

Drei Beiträge zum Filmabend stammen von Tris Vonna-Michell aus Stockholm, der auch als Gast erwartet wird. Postscript III-V (Berlin) wurde ursprünglich als eine Installation mit Diaprojektion gezeigt und beruht auf einer ähnlichen Konstellation wie Poundbury Horror: gesprochener Text kommentiert und verfremdet Bildmaterial.

In diesem Fall aber mit einem anderen Interesse als bei Yuki Higashino: Tris Vonna-Michell sammelt historische Fundstücke, an deren Beispiel er das Verhältnis von privater (familiärer) Geschichte und großer Ereignisgeschichte verhandelt, die in Berlin naturgemäß nicht um die Jahre zwischen 1933 und 1945 herumkommt. Auch hier gibt es eine phantasmatische Ebene, eine Aufladung von "monuments" mit projizierter Bedeutung.

Filme von Aglaia Konrad, Judith Hopf und Knowles Eddy Knowles komplettieren den dritten Abend von "Stranded at In-Schwimmen-zwei-Vögel". Das von Flann O'Brien deklarierte Prinzip lässt sich in allen Arbeiten perfekt erkennen: Die Vervielfältigung von Anfängen und Enden wird ergänzt durch mannigfache Zugänge zu Raumerfahrungen. (Bert Rebhandl, Spezial, 7.12.2016)