Interdisziplinäres Autorenteam Witte (Hrsg.): Heal your hospital – Studierende für neue Wege der Gesundheitsversorgung. € 24,95 / 245 Seiten. Mabuse Verlag, 2016.

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Im Gesundheitssystem gibt es viele Baustellen. Motivierte Studierende aus Deutschland haben sie alle analysiert und Lösungsvorschläge gefunden, die nun in einem Buch erschienen sind.

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Das Autorenteam von "Heal your hospital" besteht aus Studierenden der Fächer Medizin, Wirtschaftswissenschaften, Politik, Ökonomie und Philosophie.

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Das Gesundheitssystem krankt. Nicht nur in Österreich, auch in Deutschland arbeiten Menschen daher daran, die Versorgung der Bevölkerung mit gesundheitlichen Leistungen zu verbessern. In ihrem Buch "Heal your hospital" beschäftigen sich Studenten der Fächer Medizin, Wirtschaftswissenschaften, Politik und Philosophie an der deutschen Universität Witten/Herdecke kritisch mit aktuellen Herausforderungen der medizinischen Versorgung.

Dabei werden die ganz großen Themen angegangen. Individualisierter Medizin wird ein Kapitel gewidmet, ebenso wie der Gesundheitskompetenz von Patienten, der Arbeitsbelastung im Gesundheitswesen, der Integrierten Versorgung oder des notwendigen Umdenkens von einem Kranken- zu einem Gesundensystem.

In einer "Wir-Perspektive" verfasst, berichten die Studierenden dabei von ihrer eigenen Sicht auf die Dinge. Sie treffen in ihrem Buch Patienten und formulieren anhand deren Geschichten und Erlebnisse im Gesundheitssystem, eigene Thesen und Forderungen. Letztere finden sich am Ende jedes Kapitels, nachdem zuvor Bestandsaufnahmen zum jeweiligen Thema durchgeführt, Experten befragt und Argumente abgewogen wurden. Wo es sinnvoll ist, veranschaulichen Grafiken die Erläuterungen. Etwa im Kapitel zur Arbeitssituation von Angestellten im Gesundheitssystem. Dort zeigen Umfrageergebnisse unter Ärzten und Pflegenden, dass ihre berufliche Zufriedenheit nur mittelmäßig ist.

Konkrete Beispiele

Hoch anzurechnen ist den Autoren in jedem Fall ihre Konkretheit. Wo andere Diskurse im Gesundheitssystem oft schwammig bleiben – etwa bei der Frage, wie aus einem Kranken- eine Gesundensystem wird, gehen die Studierenden ganz greifbar an die Thematik heran. Als Beispiel haben sie das Spital als Institution ausgewählt, anhand derer sie ihre Idealvorstellung eines Krankenhauses zeichnen: Einem Ort, an dem interdisziplinäre, engagierte Teams Selbstentwicklungspotentiale und Gesundheitsbewusstsein von Patienten fördern.

Die persönlichen Patientengeschichten im Buch machen die teils komplizierten Aspekte des Gesundheitssystems auch für Laien verständlich. Bemüht versuchen die Autoren, sprachlich einfach zu schreiben. "Unser Ziel ist es, möglichst viele mit unserem Buch zu erreichen, da wir die Notwendigkeit auf allen Ebenen sehen, sich mit dem Gesundheitswesen zu befassen", so ihr Anliegen.

Obwohl zahlreiche Aspekte und thematische Exkurse die Kapitel prägen, steht zu Beginn je eine kurze These, die auch gleichzeitig eine konkreter Appell ist. Dazu zählen etwa die Forderung nach verständlicher und gut zugänglicher Patienteninformation, besserer Kommunikation zwischen Arzt und Patient, einer Neuorientierung hin zu mehr Vorsorge-Anreizen, der Aufruf, auch Psyche und soziales Umfeld – und nicht nur körperliche Merkmale – als Grundpfeiler der Gesundheit zu sehen, oder der Wunsch nach Krankenhäusern, die nicht den Profit, sondern den Menschen in den Mittelpunkt stellen.

Vom Laien zum Experten

Am Ende der Lektüre ist der interessierte Laie wohl auch ein bisschen zum Experten geworden. Denn neben Analysen und Forderungen finden sich im Bauch auch etliche Begriffsdefinitionen, Erklärungen zu gesetzlichen Grundlagen, geschichtlichen Entwicklungen, Abrechnungsmodellen und auch Antworten auf Fragen wie "Wer zahlt was im Gesundheitssystem?"

Es macht Mut zu sehen, wie ambitioniert die Studierenden an dem Gebilde arbeiten wollen, in dem sie ihre weiteres Leben verbringen werden. Kreativität, kritisches Denken und Tatkraft scheinen die Attribute zu sein, die dem eingefahrenen System fehlen – auch in Österreich. Bleibt nur zu hoffen, dass zumindest manche der Visionen und Forderungen Wirklichkeit werden. (Bernadette Redl, 16.12.2016)