Der mittlere österreichische Haushalt war 2014 etwas reicher als noch 2010.

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Frankfurt/Wien – Die Krise hat die Vermögen in Europa stark angeknabbert. Laut einer neuen Untersuchung der Europäischen Zentralbank ist das Nettovermögen pro Haushalt in der Währungsunion von 2010 bis 2014 um rund zehn Prozent auf 104.000 Euro geschrumpft. Ähnlich wie dieser Medianwert (50 Prozent besitzen weniger, 50 mehr) hat sich das Durchschnittsvermögen entwickelt, geht aus der am Freitag veröffentlichten Studie hervor.

Hart erwischt hat es wenig überraschend die Krisenländer, während Staaten wie Österreich, Deutschland oder Finnland kaum oder keine Einbußen zu verzeichnen haben. In Griechenland und Zypern machen die Verluste quer durch die Vermögensschichten 40 Prozent und mehr aus. In Italien und Portugal mussten vor allem ärmere Haushalte Haare lassen. Auch in Österreich kam es zu leichten Vermögensverlusten im unteren Bereich, die in Deutschland allerdings viel deutlicher ausfielen. Gemessen wurde dabei das Nettovermögen, bei dem Immobilien- oder Wertpapierbesitz vermindert um die Schulden der Haushalte basierend auf Umfragen berechnet werden.

Die Schlüsse auf die Vermögensverteilung sind dennoch nicht eindeutig. Der Gini-Koeffizient, der die Ungleichheit misst, stieg seit 2010 von 68 auf 68,5 Prozent. Laut EZB sind derart geringe Veränderungen aber nicht aussagekräftig. Andere Indikatoren zeigen überhaupt eine stabile Entwicklung bei der Gleichheit. Auch für Österreich lassen sich keine eindeutigen Aussagen treffen. Die Differenz zwischen konstantem Median- und sinkendem Durchschnittsvermögen, das von 292.000 auf 258.000 Euro zurückging, lässt auf eine geringere Ungleichheit schließen. Die obersten zehn Prozent halten "nur" noch 56 Prozent des Nettovermögens, davor waren es noch 61 Prozent.

Schwierige Interpretation

Allerdings zeigten die schon im Sommer von der Nationalbank präsentierten Detailzahlen, dass auch andere Schlussfolgerungen möglich sind. Teilt man Österreich in 100 Haushalte ein, so ist der Abstand zwischen dem 25. und dem 75. gestiegen. Die Interpretation ist auch deshalb schwierig, weil reichere Haushalte ihr wahres Vermögen in vielen Fällen nur ungern preisgeben.

Auffällig ist, dass Deutschland sowohl beim Median- als auch beim Durchschnittsvermögen zulegte, während Österreich bei ersterem Wert stagniert und bei zweiterem schrumpft. Demnach hat sich sowohl das Finanz- als auch das Immobilienvermögen hierzulande schlechter entwickelt als beim großen Nachbarn.

Verzerrt wird die Statistik wie schon bei der ersten Untersuchung weiterhin durch die höchst schwierige Vergleichbarkeit, die zum Teil eigenwillige Ergebnisse produziert. Die österreichischen und deutschen Medianvermögen liegen beispielsweise deutlich unter dem Wert der Eurozone oder dem von Italien und Spanien. Experten erklären das mit dem geringen Immobilienbesitz, der nur in den beiden deutschsprachigen Ländern unter 50 Prozent liegt, weil Wohnraum mehrheitlich gemietet wird. Umgekehrt werden in Österreich hohe Pensionsansprüche oder Mietsubventionen nicht in der Studie berücksichtigt. Wie wichtig die Immobilien in der Untersuchung sind, zeigt eine Zahl: Die Vermögenswerte der Haushalte in der Währungsunion bestehen zu 82 Prozent aus Wohnungen und Häusern. Der Rückgang der Immobilienpreise in vielen Ländern ist auch der Hauptgrund für den gesunkenen Wohlstand. Vor allem Haushalte, die Häuser und Wohnungen auf Kredit gekauft haben, verzeichnen Wertverluste.

Vermögen hängt in der gesamten Eurozone stark vom Alter ab. In der Altersklasse von 16 bis 34 Jahren liegt der Medianwert bei 16.000 Euro, der sich bis 65 Jahre fast verzehnfacht, um danach leicht abzusinken. (as, 23.12.2016)