In Graz wird früher als geplant – schon am 5. Februar – ein neuer Gemeinderat gewählt. Der Jänner dürfte von einem Lagerwahlkampf geprägt werden. In der Stadt mit dem volatilen Wahlverhalten steht es seit 2012 unentschieden zwischen einer "rechten" und einer "linken" Hälfte. Die ÖVP von Bürgermeister Siegfried Nagl und die FPÖ halten gemeinsam 24 von 48 Mandaten, die Zweitstärksten, die KPÖ, mit SPÖ, Grünen und einem Piraten den Rest.

Nagl, der nach der von ihm aufgelösten Koalition mit der Grünen Lisa Rücker 2012 herbe Verluste hinnehmen musste, kündigte 2014 auch das Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ auf. Die KPÖ verhandelte das Budget mit ÖVP und SPÖ fertig und verhinderte so Neuwahlen. Ein zweites Mal gelang das nicht. Das Festhalten Nagls am ökologisch und ökonomisch umstrittenen Projekt des Murkraftwerks ließ diesmal KPÖ-Wohnungsstadträtin Elke Kahr abspringen, weil Nagl eine Volksbefragung verweigerte.

Das Kraftwerk ist auch ein Hauptthema der Grünen, die mit Tina Wirnsberger und einem Team aus Aktivisten von Sozial- und Klimabewegungen einen Neustart nach langer Stagnation wagen. Potenzial hätten sie. 67 Prozent wählten in Graz zuletzt Alexander Van der Bellen, auch bei Nationalratswahlen und EU-Wahlen schneiden sie in Graz sehr gut ab. Die KPÖ reüssiert seit bald 20 Jahren mit dem Wohnungsthema und könnte von den sozial Schwachen für das Nein zum Kraftwerk belohnt werden.

Die FPÖ baut weiter auf Mario Eustacchio und präsentiert Rechtsaußenspieler wie Michael Winter, der wie Mutter Susanne wegen Verhetzung verteilt wurde, auf ihrer Liste. Die SPÖ kämpft mit ihrem neuen Chef Michael Ehmann gegen den jahrelangen Abstieg. Verzweifelt wirken die Plakate, auf denen Altbürgermeister Alfred Stingl die Unbekanntheit Ehmanns wettmachen muss. Wer sonst antritt, wird erst in der Sitzung der Stadtwahlbehörde am 2. Jänner fixiert. TU-Student Niko Swatek will es jedenfalls für die Neos versuchen. (Colette M. Schmidt, 28.12.2016)