Rom/Berlin – Die Waffe, mit der der mutmaßliche Attentäter Anis Amri auf Polizisten in Mailand geschossen hat, ist dieselbe wie diejenige, die beim Anschlag in Berlin zum Einsatz gekommen ist. Dies bestätigte die italienische Polizei per Twitter am Mittwoch.

Vor dem Anschlag mit einem Lastwagen auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin war der polnische Lkw-Fahrer erschossen worden. Amri wurde wenige Tage danach von Polizisten in Sesto San Giovanni bei Mailand bei einer Routinekontrolle getötet, zuvor hatte er mit einer Waffe auf die Beamten geschossen und einen Polizisten schwer verletzt. Bei dem Anschlag am 19. Dezember in Berlin wurden insgesamt zwölf Menschen getötet.

Kritik an Behörden

Unterdessen mehren sich laut einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP die Hinweise, dass die Sicherheitsbehörden die Gefährlichkeit Amris völlig falsch eingeschätzt haben. Die Polizei habe sich mehr als ein Jahr lang mit Amri befasst und auch gewusst, dass der Tunesier im Kontakt mit der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) gestanden sei, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Mittwoch unter Berufung auf Unterlagen des Staatsschutzes. Dennoch sei ein Anschlag für eher unwahrscheinlich gehalten worden.

Amri war dem Bericht zufolge von den Behörden seit 17. Februar 2016 aufgrund zahlreicher gewichtiger Hinweise als sogenannter "Gefährder" eingestuft. Demnach bot er sich IS-Mitgliedern als Selbstmordattentäter an, wollte Bomben bauen und suchte Komplizen für einen Anschlag.

Die Behörden gingen den Angaben zufolge aber nicht davon aus, dass Amri einen Anschlag begehen werde. Das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt in Düsseldorf hatte den Sicherheitsbehörden demnach allerdings am 17. Februar mitgeteilt: "Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass Amri seine Anschlagsplanungen ausdauernd und langfristig verfolgen wird." Amri hielt sich später im Drogenmilieu auf und wurde nicht mehr überwacht.

Über Abschiebung beraten

In dem Bericht wird zudem darauf hingewiesen, dass im Juli vergangen Jahres über Amris sofortige Abschiebung beraten worden sei. Dies ist nach Paragraf 58a des Aufenthaltgesetzes möglich, wenn eine "auf Tatsachen gestützte Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik vorliegt". Eine Arbeitsgruppe im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) sei aber mit Blick auf Amri zu dem Ergebnis gekommen, dass eine "akute Gefährdungslage derzeit nicht in gerichtsverwertbarer Form" vorliege.

Erst am Dienstag durchsuchte die Bundesanwaltschaft die Unterkunft einer möglichen Kontaktperson Amris in einem Berliner Flüchtlingsheim. Der 26-jährige Tunesier stehe im Verdacht, von Amris Anschlagsplänen gewusst und ihm dabei möglicherweise geholfen zu haben. Auch die Berliner Unterkunft einer anderen Kontaktperson Amris wurde durchsucht.

Haftbefehl wegen Sozialhilfebetrugs

Die Verdachtsmomente gegen einen in Berlin festgenommenen 26-jährigen Tunesier reichten nach Angaben der Bundesanwaltschaft vom Mittwoch zunächst nicht aus, um einen Haftbefehl wegen Terrorverdachts zu beantragen. Gegen den Mann erging in Berlin aber Haftbefehl wegen Sozialhilfebetrugs. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn "wegen des Verdachts der Beteiligung an dem Anschlagsgeschehen". Der Beschuldigte traf sich am Tag vor dem Anschlag mit Amri in einem Berliner Restaurant. In einem früheren Verfahren stand er im Verdacht, dass er sich Sprengstoff für einen Anschlag beschafft habe.(APA, 4.1.2017)