Die Zusammenarbeit mehrerer Radioobservatorien führte zur Lokalisierung der Quelle einer ganzen Serie von Fast Radio Bursts.

Illustr.: Bill Saxton, NRAO/AUI/NSF; Hubble Legacy Archive, ESA, NASA

Es stellte sich heraus, dass eine Zwerggalaxie in rund 3 Milliarden Lichtjahren Entfernung der Ort häufiger FRBs zu sein scheint. Was die energiereichen Ausbrüche verursacht, bleibt weiterhin ein Rätsel.

Foto: Gemini Observatory/AURA/NSF/NRC

Ithaca/Wien – Sogenannte Fast Radio Bursts (FRB) zählen seit ihrer Entdeckung vor etwa zehn Jahren zu den großen ungelösten Rätseln der Astrophysik: Weder weiß man, wo genau die nur Millisekunden andauernden hochenergetischen Blitze entstehen, noch ist klar, welche kosmischen Vorgänge sie hervorrufen. Hochrechnungen weisen darauf hin, dass es zwar pro Tag zu durchschnittlich 10.000 wie zufällig über den Himmel verteilten FRBs kommen dürfte. Doch die Schwierigkeit besteht darin, die Teleskope im entscheidenden Moment auf den richtigen Punkt auszurichten. Daher konnten bisher erst weniger als zwei Dutzend dieser Ausbrüche beobachtet werden.

Nun aber ist es einem Astronomenteam um Shami Chatterjee von der Cornell University (Ithaca, New York) gelungen, den Ursprung einer ganzen Serie dieser mysteriösen Radioblitze auszumachen. Das Team, zu dem auch Laura Spitler vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie zählt, stellt seine Beobachtungen nun im britischen Fachblatt "Nature" sowie bei der Jahrestagung der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft AAS in Grapevine (US-Bundesstaat Texas) vor.

Mehr Radioblitze als woanders

Die Forscher um Chatterjee untersuchten die einzige Himmelsregion, in der überdurchschnittlich viele Radioblitze beobachtet wurden, mit zuvor unerreichter Genauigkeit. Dazu richteten sie die Antennen des Radioastronomie-Observatoriums Karl G. Jansky Very Large Array (VLA) in New Mexico (USA) auf die Stelle am Himmel, an der ein Team um Spitler mit dem großen Arecibo-Radioteleskop in Puerto Rico am 2. November 2012 einen Radioblitz entdeckt hatte, der zwei Jahre später erneut aufleuchtete.

Tatsächlich konnten die 27 zusammengeschalteten VLA-Radioantennen in diesem Areal nun sogar neun Blitze auffangen. Damit ließ sich die exakte Position von FRB 121102, wie der Ort nach dem ersten dort registrierten Aufflammen genannt wurde, 200 Mal genauer bestimmen als bisher. Weitere Beobachtungen mit einem internationalen Zusammenschluss von Radioteleskopen, zu dem auch die 100-Meter-Antenne des Bonner Max-Planck-Instituts gehört, steigerten die Genauigkeit noch einmal um das Zehnfache.

Kein nahes Phänomen

Die Untersuchungen zeigten nicht nur, dass FRBs tatsächlich ein Phänomen des fernen Kosmos sind und nicht etwa in unserer Heimatgalaxie stattfinden. Sie halfen auch dabei, den genauen Ursprungsort der Radioblitze in einer Zwerggalaxie zu lokalisieren, die über eine schwache, dauerhaft leuchtende Radioquelle verfügt. Da die Galaxie rund drei Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt liegt, müssen die Radioausbrüche extrem heftig sein, damit sie in so großer Distanz noch deutlich messbar sind.

Welche Prozesse in einer Zwerggalaxie dermaßen starke Radioblitze erzeugen können, stellt für die Wissenschafter ein Rätsel dar. Bisher galten supermassereiche Schwarze Löcher als heiße Kandidaten für Fast Radio Bursts. Allerdings kommen solche riesigen Schwerkraftmonster in Zwerggalaxien normalerweise gar nicht vor. Beispielsweise hatten andere Forscher bei der Untersuchung eines Radioblitzes aus dem Jahr 2015 eine große, elliptische Galaxie in rund sechs Milliarden Lichtjahren Entfernung als Ursprung angenommen. Solche Galaxien besitzen in der Regel gigantische Schwarze Löcher in ihrem Zentrum.

Rätselhafte Ursachen

"Es gibt Anzeichen dafür, dass diese beiden Bursts, FRB 121102 und FRB 150418, verschiedene Ursachen haben", erläuterte Michael Kramer, einer der Ko-Autoren der damaligen Untersuchung und Direktor am Bonner Max-Planck-Institut. Die Wissenschafter vermuten daher, dass die mysteriösen Energieblitze die Folge mehrerer unterschiedlicher kosmischer Phänomene sein könnten, darunter etwa sogenannte Hypernovae, hochmagnetische Neutronensterne oder womöglich noch exotischere Objekte. (red, APA, 7.1.2017)